May drohte mit Neuwahlen: Abstimmungsniederlage verhindert

May drohte mit Neuwahlen: Abstimmungsniederlage verhindert
Kurz vor der Abstimmung über die künftige britische Zollpolitik wurde Parteikritikern mit einer Vertrauensabstimmung gedroht.

Die britische Premierministerin Theresa May hat mit vorgezogenen Wahlen noch in diesem Sommer gedroht, sollten Kritiker ihren Brexit-Plan im Parlament zu Fall bringen. Die Konservative Abgeordnete Anna Soubry und mehrere Zeitungen berichteten am Mittwoch, kurz vor der Abstimmung über Mays Pläne für die künftige Zollpolitik habe die Fraktionsführung der Konservativen am Dienstag den Kritikern in der Partei gedroht, eine Vertrauensabstimmung anzusetzen und auch Neuwahlen ins Gespräch gebracht.

Mit 307 gegen 301 Stimmen lehnte das Unterhaus dann einen von den Gegnern eines harten Brexits eingebrachten Gesetzeszusatz ab. Derzeit versuchen Befürworter und Gegner des Brexit, Mays Verhandlungsgrundlage durch Gesetzeszusätze in ihrem Sinne zu ändern - mit wechselndem Erfolg.

May sagte am Mittwoch im Parlament, ihr Weißbuch sei die Grundlage für die Verhandlungen mit der EU über einen geordneten Austritt, die bereits liefen. Ihre Regierung bereite sich aber auch für den Fall vor, dass es kein Abkommen gebe. Darüber sollte sich die EU im Klaren sein. Die Bewertung des Weißbuchs durch die EU steht noch aus. Sie ist für Freitag angekündigt.

Zoll-Versprechen gegenüber Brexit-Hardlinern

Der am Dienstag verhinderte Zusatz zum Brexit-Gesetz hätte May gezwungen, mit der EU Verhandlungen über eine Zollunion aufzunehmen, sollte es bis zum 21. Jänner 2019 keine Vereinbarung für einen ungehinderten Warenverkehr nach dem Austritt Großbritanniens geben. Damit hätte sie ihr Versprechen gegenüber Brexit-Hardlinern brechen müssen, dass das Land nach dem EU-Austritt nicht mehr Mitglied in einer Zollunion sein wird.

Soubry sprach im BBC-Rundfunk von einem "widerwärtigen Spektakel". May habe nicht mehr alles im Griff. "Ich habe keine Zweifel, dass Jacob Rees-Mogg unser Land regiert", sagte Soubry. Rees-Mogg ist einer der schärfsten Brexit-Hardliner. Er hatte am Montag unter anderem einen Zusatz zum künftigen Zoll-Regime durchgebracht, der bei der EU auf Ablehnung stoßen dürfte. May hatte erklären lassen, sie habe die Änderungsanträge der Hardliner akzeptiert, weil sie dem Weißbuch entsprächen und einige der darin enthaltenen Punkte sogar noch verstärkten.

Der irische Außenminister Simon Coveney sagte, die EU werde die Austrittsverhandlungen auf Grundlage von Mays Weißbuch und nicht auf vom Parlament verabschiedete Änderungen führen. Er bezog sich auf Passagen, die etwa den Verkehr und Warenaustausch zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs betreffen. Am Donnerstag und Freitag besucht May Nordirland, um dort Wirtschaftsvertretern über die Perspektiven nach dem Brexit zu sprechen.

 

Die wegen des Brexits tief gespaltene Konservative Partei hat keine eigene Mehrheit im Parlament. May ist auf die Zustimmung der nordirischen DUP angewiesen. Seit 2015 gab es bereits zwei Unterhauswahlen. 2017 verlor May in der von ihr vorgezogenen Wahl, mit der sie sich ein klares Mandat für die Brexit-Verhandlungen sichern wollte, ihre Mehrheit im Parlament. In jüngsten Umfragen hat die oppositionelle Labour-Partei die Konservativen überholt. Daher fürchten viele Abgeordnete der Torys Neuwahlen und den Verlust ihres Mandats.

Die Regierungschefin verzichtete am Dienstag nach Protesten auch darauf, die Parlamentarier früher in die Sommerpause zu schicken. Viele Abgeordnete hatten sich öffentlich gegen ihren Vorstoß gewandt, die Sitzungspause schon am 19. statt wie vorgesehen am 24. Juli beginnen zu lassen. Sie kritisierten, May wolle damit nur den Druck von ihrer Regierung nehmen.

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