Massive Störaktionen bei Wahlen in Thailand

Zwei Hände mit roten Handschuhen halten ein Schild mit der Aufschrift „No Vote“.
Die Wahllokale haben geschlossen - bei einem Anschlag im Süden kamen vier Menschen ums Leben.

Anspannung in Thailand am Tag der Parlamentswahl: Trotz massiver Störaktionen von Regierungsgegnern hat der umstrittene Urnengang am Sonntag weitgehend friedlich stattgefunden. Die Wahllokale schlossen um 09.00 Uhr mitteleuropäischer Zeit.

In Bangkok kam es an einigen Wahllokalen zu tumultartigen Szenen, weil Regierungsgegner Eingänge blockierten. Im Süden des Landes konnte in mehreren Provinzen gar nicht gewählt werden, weil Demonstranten die Auslieferung der Wahlscheine verhinderten. "Eine friedliche Wahl kann man es nicht gerade nennen", twitterte Sunai Phasuk von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. "Demonstranten waren rücksichtslos und einschüchternd, um die Stimmabgabe in Bangkok und im Süden zu verhindern."

Stimmabgabe in 42 Wahlkreisen nicht möglich

Soldaten in Tarnuniform stehen auf einer Straße in Thailand.
epa04051703 Thai soldiers on security duty as anti-government protesters, try to block the preparation of ballot boxes, as they aim to disrupt the general elections near the Din Daeng district office in Bangkok, Thailand, 02 February 2014. Thailand kicked off snap elections that are seriously flawed by a boycott of the main opposition Democrat Party and efforts by anti-government protesters to prevent voting. The snap elections on 02 February has also faced stiff opposition from the Election Commission, the government body responsible for carrying out the polls. EPA/NARONG SANGNAK
Etwa 130.000 Sicherheitskräfte wurden im gesamten Land stationiert, allein 12.000 in der Hauptstadt Bangkok. Sie sollten weitere Ausschreitungen verhindern, nachdem am Samstag bei Schusswechseln und Explosionen sieben Menschen verletzt wurden.

Nach Angaben der Wahlkommission war dennoch die Stimmabgabe in 42 der 375 Wahlkreise nicht möglich. Damit steht fest, dass das Parlament ohne Nachwahlen nicht zu einer konstituierenden Sitzung zusammentreten kann. Dafür müssen 95 Prozent der 500 Abgeordneten gewählt sein.

Bombenanschlag

Eine Menschenmenge umringt Journalisten und einen Mann mit einem Stock in der Hand.
Der Süden des Landes wurde von einem Anschlag erschüttert: Bei einem Bombenanschlag vier Menschen ums Leben gekommen. Die Polizei machte muslimische Rebellen für den Anschlag im Süden des Landes verantwortlich und erklärte, die Explosion habe nichts mit dem heftig umstrittenen landesweiten Urnengang zu tun. Bei den Toten handle es sich um drei Soldaten und einen mit der Wahl betrauten Funktionär.

Rund 20 Aufständische hätten bei dem Anschlag einen Kontrollpunkt unter Beschuss genommen und drei Sprengsätze gezündet. "Der Angriff steht mit der anhaltenden Gewalt im den südlichen Provinzen in Zusammenhang und hat mit der Wahl nichts zu tun", erklärte der Polizeichef der betroffenen Provinz Pattani. Der muslimisch dominierte Süden des Landes widersetzt sich seit Jahrzehnten der Regierung in Bangkok.

Anspannung in Bangkok

Eine Gruppe von Demonstranten marschiert auf einer Straße.
epa04051704 Thai anti-government protesters, stand armed, as they clash with pro-government supporters at the Din Daeng district office, during voting in the general elections in Bangkok, Thailand, 02 February 2014. Thailand kicked off snap elections that are seriously flawed by a boycott of the main opposition Democrat Party and efforts by anti-government protesters to prevent voting. The snap elections on 02 February has also faced stiff opposition from the Election Commission, the government body responsible for carrying out the polls. EPA/NARONG SANGNAK
Der Süden und Bangkok sind die Hochburgen der Regierungsgegner. Sie wollen Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra und ihre reiche und einflussreiche Familie aus der Politik verbannen. Sie verlangen politische Reformen vor einer Neuwahl. Yingluck wählte als eine der ersten in ihrem Wahlbezirk um kurz nach 08.00 Uhr (Ortszeit). Sie rief alle Thailänder auf, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Oppositionsführer Suthep Thaugsuban hingegen will auch weitere Tote und Verletzte in Kauf nehmen, um sein Ziel zu erreichen: die Machtübernahme in Thailand. Er stemmt sich gegen die Neuwahlen an diesem Sonntag und will stattdessen einen (von ihm) ernannten Staatsrat einführen, der die Regierungsgeschäfte führt.

Massenproteste seit November

Seit November führt der frühere Vizepremier, der der Demokratie abgeschworen hat, die Massenproteste gegen die Regierung von Yingluck Shinawatra an. Der Regierungschefin wird vorgeworfen, eine Marionette ihres korrupten Bruders, des 2006 gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, zu sein. Sie hofft durch einen klaren Sieg bei den Wahlen am Sonntag die Krise zu ihren Gunsten beenden zu können.

Doch Suthep Thaugsuban rief seine Anhänger auf, die Wahlen „mit allen Mitteln“ zu stören. Dazu zählt die Besetzung von Wahllokalen. Bei derartigen Aktionen kam es bereits am Samstag in Bangkok zu Schießereien und Explosionen. Mindestens sechs Menschen wurden dabei verletzt.

Auch der berühmte US-Fotograf James Nachtwey ist laut einem Medienbericht am Samstag verletzt worden. Das Wall Street Journal zitierte Nachtwey mit den Worten, er sei bei einem Schusswechsel in Bangkok von einer Kugel im Bein getroffen worden. "Ich laufe jetzt. Es geht mir gut", sagte Nachtwey demnach. Nachtwey ist ein erfahrener und preisgekrönter Kriegsfotograf. Seit 1984 arbeitet er für das Time Magazine.

Angst vor Militärcoup

Nicht wenige in Bangkok fürchten, dass Suthep das Militär zum Eingreifen zwingen will. Thailand hat Erfahrung mit Militärcoups: Es waren 18 in gut 80 Jahren. Der letzte fand erst 2006 statt.

Auch juristisch könnten die Wahlen angefochten werden. Denn der Protestbewegung ist es gelungen, in 28 Wahlkreisen die Registrierung für Kandidaten fürs Parlament zu verhindern. Für eine Regierungsbildung müssen aber 475 der 500 Sitze vergeben sein. Ob das dann in Nachwahlen gelingt, scheint fraglich.

„So sehr Thailand Wahlen braucht, so sehr sind auch Führungsfiguren nötig, die einen echten Dialog mit allen Seiten starten können“, analysiert die International Crisis Group die Lage. „Es ist eine dünne Scholle, auf der die Hoffnung schwimmt. Aber was anderes gibt es in Bangkok derzeit nicht.“

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