Mahnschreiben für Impfverweigerer in Italien

Insgesamt sind es knapp zwei Millionen No-Vax-Italiener, die damit rechnen müssen, eine Strafgeldmahnung in der Höhe von 100 Euro im Postkasten zu finden. Die Strafe betrifft all jene, die über 50 Jahre alt sind und sich im Zeitraum von Jänner bis 15. Juni dieses Jahres (da wurde die Impfpflicht aufgehoben) nicht impfen hatten lassen. Am 30. November lief die Frist von 180 Tagen aus, die es ermöglicht hatte, eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, das man sich nicht impfen lassen muss.
Während die Mahnungen schon verschickt wurden, beriet das Verfassungsgericht noch, ob die am 1. April 2021 von Mario Draghis Regierung verordnete Impfpflicht und die daran gebundene Suspendierung von der Arbeit (bei Einstellung der Lohnfortzahlung) verfassungskonform ist.
No-Vax-Demo
Während sich gestern vor dem Verfassungsgerichtshof in Rom eine kleine Gruppe von No-Vax-Befürwortern versammelt hatte und mit umgehängter italienischer Fahne lauthals gegen die Impfpflicht protestierte, erläuterte eine Gruppe von Rechtsanwälten drinnen noch einmal die Rechtswidrigkeit der Impfpflicht und der damit verbundenen Maßnahmen. Ihren Mandanten sei „verboten worden, zu arbeiten und zu überleben“, klagten sie. Diese seien „vom Staat hintergangen und erpresst worden: Entweder du lässt dich impfen, oder du bist nicht mehr Teil der Gesellschaft“. Man habe ihre Würde mit Füßen getreten.
Melonis Corona-Skepsis
Die Regierung wartet ab. Premierministerin Giorgia Meloni hatte sich schon von der Oppositionsbank aus immer wieder kritisch gegen die Covid-Verordnungen ausgesprochen. Als Regierungschefin hat sie diese Position bestätigt und mehrmals darauf hingewiesen, dass Italien im Vergleich zu anderen westlichen Ländern die schärfsten Maßnahmen getroffen und somit die Grundfreiheitsrechte und wirtschaftlichen Aktivitäten beschnitten habe, „trotzdem gehört Italien zu den Ländern, in denen die höchsten Zahlen von Toten und Ansteckungen registriert wurden“.

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni
Die Rechtspolitikerin versicherte, dass von nun an nur mehr Maßnahmen getroffen würden, „die auf wissenschaftlich bewiesenen Fakten fußen.“ Den ersten Schritt in die Impf-Gegenrichtung machte die Koalition gleich nach ihrer Angelobung Ende Oktober. Die Suspendierung von der Arbeit sollte ursprünglich für die Impfverweigerer bis Jahresende gelten. Melonis Regierung hat sie aufgehoben. Ab 1. November durften auch Nichtgeimpfte wieder zurück in die Arbeit.
Sollte der Verfassungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit feststellen, heißt das für die Betroffenen aber nicht unbedingt, dass sie sofort zur Kasse gebeten werden. Im Moment werden Mahnungen, noch nicht Strafzettel verschickt. Unwahrscheinlich ist freilich, dass die Strafen gegebenenfalls gänzlich aufgehoben werden – der Staat braucht jeden Cent.
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