Machtpoker im Nahen Osten: Die wichtigsten Fragen und Antworten

Machtpoker im Nahen Osten: Die wichtigsten Fragen und Antworten
Die Eskalation zwischen Iran und Israel gibt Trumps aggressivem Auftreten gegen das Regime in Teheran noch mehr Gewicht.

Es ist die Ruhe nach dem Sturm – und die ist genauso trügerisch wie die davor. Nach den Luftangriffen auf den Iran gibt man sich in Israel selbstsicher und gelassen. Man habe die wesentlichen militärischen Einrichtungen des Iran in Syrien zerstört, plane aber vorerst keine weiteren Aktionen. Teheran wiederum will mit den Angriffen auf israelische Stellungen auf dem Golan nichts zu tun haben und erklärt außerdem, am internationalen Atomabkommen festhalten zu wollen – auch nach dem Ausstieg der USA. Wie aber geht es weiter? In Richtung Frieden oder Krieg? Der KURIER beantwortet die entscheidenden Fragen.

Wie ist die Lage im Iran, was plant das Regime? Durch die erneut verschärften US-Sanktionen gegen den Iran wird die ohnehin schwer angeschlagene iranische Wirtschaft weiter beschädigt. Der Verfall der iranischen Währung macht das Leben für die Mehrheit der Bevölkerung unerträglich teuer. Korruption, wirtschaftliches Versagen, wachsende soziale Spannungen: All das lässt den Unmut vieler Iraner über das Mullah-Regime weiter steigen. Dieses versucht daher, die Europäer als wirtschaftliche Partner zu behalten. Man will sich kommende Woche mit den Europäern auf ein Festhalten am internationalen Atomabkommen verständigen. Es aufzukündigen, auch wenn Vertreter der iranischen Führung damit drohen, würde dem Land noch mehr wirtschaftlichen Schaden zufügen. Daher wird Teheran sich gegenüber Europa verhandlungsbereit geben.

Wie nahe ist der Iran tatsächlich der Atombombe? Bis zum Abschluss des internationalen Atomabkommens 2015 hätte der Iran nur wenige Monate gebraucht, um zumindest einen Atomsprengkopf zu bauen. Das Abkommen hat diese Entwicklungen stark verzögert und außerdem das ganze Atomprogramm unter strikte Überwachung gestellt. Die UN-Atombehörde in Wien, die für die Überwachung verantwortlich ist, hat dem Iran erst kürzlich bescheinigt, sich strikt an das Abkommen zu halten.

Wie wird sich Europa im Konflikt verhalten? Vorerst erklären die maßgeblichen europäischen Staats- und Regierungschefs, am Atomabkommen mit dem Iran festhalten zu wollen. Doch durch den Druck aus den USA zeigen sich bereits erste Risse. So hat Frankreichs Präsident Macron bereits Nachverhandlungen gefordert. Vor allem das iranische Raketenarsenal, gegen das sich ja auch Trumps Vorgehen richtet, soll stark eingeschränkt werden. Teheran aber will in keinerlei Neuverhandlungen einwilligen. Für die Europäer wächst durch die neuen US-Sanktionen auch der wirtschaftliche Druck. Schließlich haben große europäische – und auch österreichische Unternehmen – Niederlassungen in den USA oder wickeln ihre Geschäfte mit dem Iran in Dollar und damit über US-Banken ab. Sollte man also Geschäfte mit dem Iran machen, könnte man Opfer von US-Strafmaßnahmen werden oder um Verträge mit US-Firmen umfallen. Daher wird man, wenn es darauf ankommt, eher auf die US-Partnerschaft setzen als auf die Beziehungen zum Iran.

Was plant Israel? Die Regierung in Jerusalem hat mit dem jüngsten Angriff Stärke gegenüber dem Iran demonstriert. Premier Netanjahu betrachtet das Mullah-Regime als den Hauptfeind und die schlimmste Bedrohung im Nahen Osten. Dessen wachsender Einfluss von Syrien über den Libanon bis zum Jemen und den Palästinensergebieten soll eingedämmt werden. Allerdings hat man sich bisher aus dem Krieg in Syrien weitgehend herausgehalten. Syriens Machthaber Assad gilt für Israel als kalkulierbarer Feind. Moskau, das ja auch Assad stärken will, hat daher die jüngsten israelischen Angriffe geschehen lassen. Russlands enge Partnerschaft mit dem Iran bekommt Risse.

Droht Gewalt in Israel?

Schon in den vergangenen Wochen gab es anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung Israels Massenproteste der Palästinenser. Am Montag wird die US-Botschaft in Jerusalem eröffnet, das könnte eine neuerliche Protestwelle auslösen. Das österreichische Außenministerium warnt daher vor Ausschreitungen in der Altstadt von Jerusalem.

siehe auch seiten12, 13

Kommentare