Viel Stunk um Londons saubere Luft

"NO 2 ULEZ" steht in schwarzen Lettern auf gelben, länglichen Schildern, die an Autokennzeichen erinnern. Grimmig blickten die Aktivisten, die sie vor dem Londoner High Court in die Hohe hielten, in die Kameras. Im Gerichtssaal hinter ihnen ging der Kampf um Londons Luft in die nächste Runde.
"ULEZ" steht für die "Ultra Low Emission Zone", ein Pionierprojekt, das einst unter Bürgermeister Boris Johnson ausgearbeitet wurde. Umgesetzt 2019, unter dem amtierenden Labour-Bürgermeister Sadiq Khan, machte es London zur weltersten Stadt mit einer Maut. Sie sollte helfen, umweltverschmutzende Autos von den Straßen zu holen. Immerhin sind die Stickstoff-Werte in London höher als in jeder anderen englischen Stadt, und Autos haben dies zu 50 Prozent zu verantworten. Jährlich würden in London zudem rund 4.000 Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung sterben.
Seit der Maut-Einführung sollen täglich 44.100 Autos weniger in die Großstadt einpendeln. Wer durch Londons hektische Straßen schlendert, fragt sich jedoch, wo diese überhaupt Platz finden würden. Schon jetzt sind die Straßen so verstopft, dass man häufig zu Fuß den Bus überholt.
Ausweitung auf Groß-London geplant
Khan, der nächstes Jahr ein drittes Mal als Bürgermeister kandidieren möchte, entschied jedenfalls, die Zone einmal mehr auszuweiten: auf Groß-London. Autofahrer, deren Autos die Luftschutz-Kriterien nicht erfüllen – und davon seien rund 700.000 Fahrzeuge betroffen – müssen ab 29. August umgerechnet täglich 15 Pfund zahlen.
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Demo vor dem Londoner High Court.
Es ist eine Einschränkung, die fünf konservative Gemeinderäte nicht kampflos hinnehmen. Zu hoch sei der Preis angesichts der "Cost of Living Crisis". Im Februar legten die Bezirkschefs von Bexley, Bromley, Harrow, Hillingdon und Surrey erste rechtliche Schritte ein. Sie argumentierten, Khan habe nicht im Einklang mit den „gesetzlichen Bestimmungen“ gehandelt, heißt es im Guardian. Und obwohl ein Richter im April Teile der Anfechtung abwies, ging sie weiter an den High Court, wo diese Woche die Anhörung stattfindet.
Zu teuer
Unterstützung kommt von prominenter Stelle. "Levelling Up"-Minister Michael Gove nannte Khans Pläneeinen "unfairen, geldgierigen, gegen die Tories gerichteten Betrug". Doch sogar Parteikollegen stellen sich gegen ihn. Danny Beales, der um den nach Johnsons Rücktritt frei gewordenen Platz in der Gemeinde "Uxbridge and Ruislip" kämpft, hat laut Daily Mail in einer Kehrtwende erklärt, dass die Ausweitung wegen der aktuellen Krise verschoben werden sollte.

Sadiq Khan, Londons erster muslimischer Bürgermeister, Anfang Juli auf der Pride-Parade.
Vor dem Gerichtssaal hielt ein Mann auch ein Schild mit der Aufschrift "Khan Out!". Seit seinem Amtsantritt sieht sich Londons erster muslimischer Bürgermeister mit besonders viel Kritik konfrontiert. Eine Studie von Greater London Authority hat 300.000 rassistische Aussagen in den sozialen Medien erhoben; 11.000 alleine 2023 und besonders viele in Bezug auf seine ULEZ-Pläne. Doch Khan hält an seinem Projekt fest: Die Ausweitung helfe, die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass Londoner vermeidbare Krankheiten entwickeln.
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