Die Tötung Patys auf seinem Heimweg von der Schule im Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine am 16. Oktober 2020 erschütterte das Land zutiefst. In der Woche zuvor hatte der 47-jährige Geschichts- und Geografielehrer in einer Stunde über Meinungsfreiheit Mohammed-Karikaturen des Satiremagazins Charlie Hebdo gezeigt. Er gab dabei allen muslimischen Jugendlichen die Möglichkeit, wegzusehen. Eine damals 13-jährige Schülerin, die aufgrund von Fehlverhaltens vom Unterricht ausgeschlossen war, wollte dies vor ihren Eltern verbergen und behauptete, sie sei bestraft worden, weil sie sich gegen das Zeigen der Karikaturen gewehrt habe. Sie steht nun wegen falscher Anschuldigung vor Gericht.
Ihr Vater, Brahim Chnina, hatte auf ihre Lüge hin mit dem islamistischen Aktivisten Abdelhakim Sefrioui Droh-Videos gegen Paty gedreht und online verbreitet. Der Lehrer fühlte sich verfolgt und bat einen Kollegen, ihn im Auto mitzunehmen – aber nicht an jenem Freitagnachmittag, an dem sein Mörder, Abdouallakh Anzorov, vor dem Schulgebäude auf ihn wartete.
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Im 80 km entfernten Evreux war er über soziale Netzwerke auf die Vorwürfe gegen Paty aufmerksam geworden. Er kaufte ein Messer, fuhr zu der Mittelschule und versprach einem Jugendlichen 300 Euro, wenn er ihm den Lehrer zeigte. Der Schüler holte vier Klassenkameraden mit ins Boot, mit denen er die Geldsumme teilen wollte.
Foto des Opfers im Netz
Weinend sagte er später gegenüber den Ermittlern, er habe nur an das Geld gedacht. Anzorov habe behauptet, er wolle „Herrn Paty dabei filmen, wie er um Verzeihung für die Karikatur des Propheten bittet“. Einige der Schüler warteten mehr als zwei Stunden lang mit dem Angreifer vor dem Gebäude, bis der Lehrer die Schule verließ. Während die Jugendlichen mit dem Geld abzogen, folgte Anzorov Paty, um ihn mit mehreren Messerstichen zu töten, zu enthaupten und ein Foto seines Opfers ins Internet zu stellen.
Die fünf Schüler, die sich laut Ermittlern nicht über die Mordpläne bewusst waren, sind der „Bildung einer kriminellen Vereinigung mit dem Ziel, eine schwere Gewalttat vorzubereiten“, angeklagt. Ihnen sowie der heute 16-jährigen Teenagerin, mit der die Kampagne gegen den Lehrer begann, drohen bis zu zweieinhalb Jahre Haft. Das Urteil wird für 8. 12. erwartet.
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Ein zweiter Prozess gegen acht Erwachsene ist Ende 2024 geplant. Unter ihnen sind der Vater der Schülerin, der Islamist Sefrioui, vier Radikalisierte, mit denen der Täter virtuell in Kontakt stand, sowie zwei seiner Freunde, die ihm bei der Vorbereitung der Tat geholfen haben sollen.
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