Lagebericht: Luftangriffe auf Vororte von Kiew

Car blast near ZaTV broadcaster building in Melitopol, Zaporizhzhia region
Am Donnerstagmorgen beschoss die russische Armee nach ukrainischen Angaben eine Gemeinde im Umland der Hauptstadt Kiew.

Die russische Armee hat nach Angaben ukrainischer Behörden in der Nacht auf Donnerstag Ziele im Umland der Hauptstadt Kiew aus der Luft angriffen. Auch das Stromnetz im Zentrum des Landes wurde getroffen - weitere Einschränkungen der Stromversorgung seien möglich. Beschuss durch Artillerie und Mehrfachraketenwerfer (MLRS) wurde aus zahlreichen Siedlungen im Osten und Süden des Landes gemeldet. Bei Bachmut und Awdijiwka seien erneut russische Vorstöße abgewehrt worden.

Laut dem täglichen Lagebericht der ukrainischen Streitkräfte von Donnerstagfrüh seien die russischen Truppen im Osten bei Bachmut und Awdijiwka nach wie vor in der Offensive. Neuerliche Vorstoßversuche konnten jedoch am Mittwoch zurückgeschlagen werden. Artilleriebeschuss gab es auch in den Vororten von Saporischschja und im Industriegebiet von Kramatorsk. Dabei habe es jedoch keine Toten und Verletzten gegeben.

Eine Gemeinde im Umland von Kiew sei beschossen worden, teilte Gouverneur Oleksij Kuleba auf Telegram mit, ohne den Ort zu nennen. Rettungskräfte seien dort im Einsatz. Einige der anfliegenden Geschosse seien abgefangen worden. In der Hauptstadt Kiew war am Mittwoch viermal Luftalarm ausgelöst worden. Laut Präsidentenbüro der Ukraine wurden am Mittwoch fünf Zivilisten getötet und elf weitere verletzt. Die meisten davon in der Region Donezk. Einer der Toten und sieben der Verletzten gehen auf eine Landmine in der Region Charkiw zurück.

Truppen an belarussischer Grenze verstärkt

Die ukrainische Armee habe ihre Kräfte an der Grenze zu Belarus verstärkt, teilt der ukrainische Generalstab mit. Zwar gebe es gegenwärtig keine Anzeichen für einen Angriff aus Belarus, erklärt der führende ukrainische Militär Olexij Hromow. Es gebe aber Drohungen.

Auf dem belarussischen Militärflugplatz Ziabrivka würden verdächtige Aktivitäten beobachtet. "Wir reagieren darauf, wir haben unsere Truppen im Norden bereits aufgestockt." In der vergangenen Woche habe es bereits zehn Drohnenangriffe von belarussischem Staatsgebiet aus gegeben, wie die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform am Donnerstag meldete.

Die "Jerusalem Post" berichtete am 24. Oktober, dass iranische Drohnen-Instruktoren in Belarus gesichtet worden seien. Es handle sich um Angehörige der Iranischen Revolutionsgarde sowie russische Nationalgardisten und FSB-Offiziere in der Region Gomel. Drohnenangriffe auf Kiew sowie die Nord- und Westukraine würden von dort aus durchgeführt. Russland habe zudem die volle Kontrolle über die Flugfelder Baranawitschy und Lida übernommen, von wo aus die Ukraine beschossen werde.

Ukraine meldet Drohnenangriff auf Kraftwerk

Im Süden habe die russische Armee in den zwei Stunden vor Mitternacht zwei Dutzend iranische Kampfdrohnen vom Typ Shahed-136 gestartet, wovon 19 abgeschossen worden seien. Die meisten davon über dem Gebiet Odessa, wo auch ein Su-25-Kampfjet abgeschossen worden sei. Im Raum Cherson sei zudem ein Ka-52-Kampfhubschrauber zerstört worden, als er eine ukrainische Stellung beschoss. Über Dnjepropetrowsk habe man eine Kh-59-Rakete abfangen können.

Die russischen Streitkräfte haben nach ukrainischen Angaben in der Nacht das Stromnetz im Zentrum des Landes angegriffen. Weitere Einschränkungen der Stromversorgung seien möglich, teilt der Netzbetreiber Ukrenergo auf Telegram mit. Einrichtungen des Hauptnetzes des ukrainischen Energiesystems in den zentralen Regionen sei beschädigt worden. Russland hat in den vergangenen Wochen seine Angriffe auf wichtige ukrainische Infrastruktur verstärkt, darunter auch das Stromnetz.

Umgekehrt sei auf der von Russland besetzten ukrainischen Halbinsel Krim in der vergangenen Nacht ein Kraftwerk von einer Drohne angegriffen worden. Ein Transformator eines Kraftwerks in Sewastopol sei dadurch in Brand geraten. Auswirkungen auf die Stromversorgung hätte es jedoch nicht gegeben, teilte der Bürgermeister von Sewastopol mit. Sewastopol ist wichtig als Basis der russischen Schwarzmeerflotte.

Briten: Russland will ablenken

Mit der Ernennung des Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin zum Regionalkoordinator im Krieg gegen die Ukraine will der Kreml nach britischer Einschätzung öffentliche Kritik von der Führung um Präsident Wladimir Putin ablenken. "Diese Maßnahme dürfte zu einer engeren Einbindung der Gebietsgouverneure in das nationale Sicherheitssystem Russlands führen", teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit.

Während der ukrainischen Gegenoffensive im Nordosten und Süden des Landes war zuletzt in Russland selten deutliche Kritik auch an der politischen Führung laut geworden. "Allerdings wird es damit dem Kreml wahrscheinlich schwerer fallen, die russische Gesellschaft von den Auswirkungen der "militärischen Spezialoperation" in der Ukraine abzuschirmen", hieß es in London. Einen ähnlichen Ansatz habe der Kreml bereits während der Corona-Pandemie verfolgt. In Russland werden Probleme oft den örtlichen Behörden angelastet. Der Kreml tritt dann als Kümmerer auf.

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