Kommission will EU-Kandidatenstatus für Ukraine und Moldau empfehlen

FILE PHOTO: European Commission President von der Leyen and Ukraine's President Zelenskiy
Empfehlung soll am Freitag herausgegeben werden. Kanzler Nehammer stellte Bedingungen.

Die EU-Kommission wird sich aller Voraussicht nach für eine Vergabe des EU-Beitrittskandidatenstatus an die Ukraine und an Moldau aussprechen. Wie die Deutsche Presse-Agentur in der Nacht aus Kommissionskreisen erfuhr, soll am Freitag bei einer Sitzung unter der Leitung von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine entsprechende Empfehlung für die Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten beschlossen werden.

Zugleich dürfte den Angaben zufolge klar gemacht werden, dass weitere Fortschritte im Beitrittsprozess an die Erfüllung konkreter Bedingungen geknüpft werden sollten. Bei der Ukraine geht es demnach vor allem um Fortschritte bei der Rechtsstaatlichkeit und im Kampf gegen Korruption.

Das ebenfalls einen EU-Beitritt anstrebende Georgien, wie die Ukraine und Moldau eine frühere Sowjetrepublik, soll nach Angaben aus Kommissionskreisen erst nach der Erfüllung von Auflagen den Kandidatenstatus bekommen. Das Land würde demnach wie derzeit Bosnien-Herzegowina und der Kosovo vorerst nur ein "potenzieller EU-Beitrittskandidat" sein.

Die ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar die Aufnahme seines Landes in die EU beantragt. Kurz darauf reichten auch Moldau und Georgien Beitrittsanträge ein. Die EU-Staaten beauftragten die EU-Kommission dann, sich damit zu befassen und eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen abzugeben. Auf Grundlage der Behördenanalyse müssen die Regierungen der EU-Staaten entscheiden, wie es weitergeht. Eine Entscheidung könnte bereits beim nächsten Gipfeltreffen fallen, das am kommenden Donnerstag in Brüssel beginnt.

Nehammer stellt Bedingungen

Österreich will dem EU-Beitrittskandidatenstatus der Ukraine nur unter Bedingungen zustimmen. "Wir müssen sicherstellen, dass dieselben Maßstäbe angewandt werden wie auch bei anderen Beitrittswerbern aus dem Westbalkan. Vor diesem Hintergrund wäre es für mich etwa nicht vorstellbar, der Ukraine einen Kandidatenstatus zu gewähren und zugleich Länder wie Bosnien-Herzegowina weiterhin außen vor zu halten", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zur deutschen Zeitung "Welt".

Bosnien-Herzegowina hatte bereits Anfang 2016 einen Beitrittsantrag gestellt und gilt seit Jahren lediglich als "potenzieller Beitrittskandidat". Am Freitag wird eine Empfehlung der EU-Kommission, der Ukraine den Kandidatenstatus zu gewähren, erwartet. Die Entscheidung der Staats- und Regierungschef muss einstimmig gefällt werden.

"Was einen möglichen EU-Kandidatenstatus anbelangt, so möchte ich festhalten, dass es klare und etablierte Kriterien gibt, die ohne Wenn und Aber einzuhalten sind. Es darf keine Doppelstandards oder gar Beitrittswerber erster und zweiter Klasse geben", betonte Nehammer. Es müsse sichergestellt sein, dass die EU im Fall der Ukraine "dieselben Maßstäbe" anwende wie auch bei anderen Beitrittsbewerbern aus dem Westbalkan.

Angesichts der von Kiew möglichst schnell geforderten Beitrittsverhandlungen sagte der Kanzler: "Wir dürfen auch in der Ukraine keine falschen Erwartungen wecken, denn das Erweiterungsverfahren ist komplex und langwierig. Wir sollten daher dringend über Zwischenschritte im Beitrittsprozess nachdenken, beispielsweise im Sinne eines Europäischen Vorbereitungsraums." Dieser Vorbereitungsraum solle kein Ersatz zum Beitrittsprozess sein, sondern parallel dazu verlaufen und eine Annäherung an EU-Standards erleichtern, so Nehammer.

Dennoch sei es unbestritten, dass die Ukraine "Teil der europäischen Familie" ist, erklärte der Bundeskanzler. "Österreich unterstützt daher als militärisch neutrales Land die Ukraine so gut wie möglich gegen den russischen Angriffskrieg sowie alle Bemühungen zu einer Beendigung der Kriegshandlungen."

Edtstadler: "Nicht zwei Klassen"

In dieselbe Kerbe wie der Bundeskanzler schlug Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gegenüber der Kleinen Zeitung. "Es ist unbestritten, dass die Ukraine ein europäisches Land ist und unsere Werte verteidigt. Aber es gibt keine Abkürzungen auf dem Weg in die EU. Es darf auch nicht zwei Klassen von Beitrittswerbern geben", sagte Edtstadler. Sie verwies zudem auf Albanien, Nordmazedonien und den Kosovo, die auf den nächsten Schritt im Erweiterungsprozess warten würden. "Bosnien wartet immer noch auf einen Kandidatenstatus und wird womöglich von der Ukraine überholt. Wir dürfen nicht mit zweierlei Maß messen", erklärte die Europaministerin.

Ob Moldau oder Georgien den Status als EU-Beitrittskandidaten bekommen sollten, hänge davon ab, "ob sie die Bedingungen erfüllen. Allerdings gibt es auch ein weiteres Fragezeichen, und das ist die zeitliche Komponente. Das ist bei jedem Beitrittswerber so. Das stimmt, es gibt keine Abkürzungen. Da sind die Verträge klar. Ich bin ein großer Fan der europäischen Integration, es darf keine unterschiedliche Behandlung geben", so Edtstadler.

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