Keine Zäune in der EU

Manfred Weber, Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament.
Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, Manfred Weber, über Brüssels Versagen und Fortschritte in der Flüchtlingskrise.

Manfred Weber ist Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament.

KURIER: Herr Weber, baut Bayern einen Zaun zu Österreich?

Manfred Weber:Jeder überzeugte Europäer will keine Zäune in der EU. Aber wir müssen die Aufgabe gemeinsam lösen – oder wir werden sie nicht lösen. Die Kommission hat Maßnahmen für eine europäische Lösung vorgelegt. Der heutige Zustand ist nicht rechtskonform. Wir müssen zum Dublin-System zurückkehren. Jedes EU-Land muss seine Verantwortung tragen.

Der Konflikt CSU-CDU in der Flüchtlingsfrage ist massiv. Wo stehen Sie als CSU-Politiker?

Für die EVP ist klar, wenn arme Länder wie Jordanien oder der Libanon seit Jahren Millionen Flüchtlinge aufnehmen, dann muss Europa helfen. Wenn Merkel den Menschen Mut macht, ist das richtig. Auf der anderen Seite muss die EU-Außengrenze besser kontrolliert werden, wer einreist oder abgewiesen wird.

Hat die EU bisher versagt?

Brüssel liefert. Nun müssen die EU-Staaten in Grenzsicherung investieren. Nicht Schlepper entscheiden, wer nach Europa kommt, sondern Staaten oder das UNHCR. Der Staat muss das Handeln zurückgewinnen.

Schafft es Europa?

Ich bin optimistisch, denn wir können eine Bilanz vorlegen: Wir haben ein robustes Mandat im Mittelmeer, Schlepper militärisch zu bekämpfen. Wir haben die Verteilquote für 160.000 Bürgerkriegsflüchtlinge als Einstieg in die permanente Quote beschlossen. Es gibt eine Definition für sichere Herkunftsländer. Alle EU-Beitrittskandidaten sind sichere Herkunftsstaaten. Wenn die Türkei nicht sicher ist, dann müssen wir sofort die Beitrittsgespräche abbrechen.

Die EU tritt gegenüber der Türkei als Bittsteller auf – oder?

Meine Fraktion will keine Vollmitgliedschaft der Türkei, sondern eine privilegierte Partnerschaft. Diese Grundsatzfrage sollte geklärt werden. Derzeit gehen wir unehrlich miteinander um. Niemand glaubt an die Türkei-Erweiterung, aber wir führen Gespräche. Eine enge Beziehung unterhalb der Vollmitgliedschaft würde die Sache klären.

Was ist der Deal mit Ankara?

Die Türkei sucht Wirtschaftspartner. Sie hilft bei der Grenzsicherung, wir bieten Geld für Camps, Fortschritte bei der Visafrage für Geschäftsleute. Es gibt aber keinen Rabatt für die Visafreiheit.

Warum duldet die EVP die Taten und Aussagen von Orbàn?

Orbàn muss erinnert werden, dass er im Umgang mit Flüchtlingen Humanität anzuwenden hat. Er setzt aber auch Schengenrecht um. Das sind zwei Seiten von Orbàn.

Wie soll eine faire Lastenverteilung funktionieren?

Wenn wir Lasten verteilen wollen, haben Flüchtlinge kein Recht, das EU-Land auszusuchen. Wir müssen Flüchtlinge in die Pflicht nehmen.

Diese Regelung gibt es in der EU aber noch nicht.

Wir beginnen damit. Die ersten Umsiedlungen haben begonnen. Es muss mittelfristig feste Kontingente für arme Länder oder die Türkei geben. Das bedeutet aber auch eine Begrenzung.

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