Nach Steuersenkungsplänen seiner Vorgängerin Truss setzt Premier Sunak jetzt auf Steuererhöhung und Ausgabenkürzung.
17.11.22, 18:13
aus London Georg Szalai
Steuererhöhungen im Wert von rund 25 Milliarden Pfund (28,6 Milliarden Euro) und Ausgabenkürzungen von 30 Milliarden Pfund (34,3 Milliarden Euro) – der Kampf gegen Inflation, ein Budgetloch und den wirtschaftlichen Abschwung kommt die Briten teuer zu stehen. Jeremy Hunt, Finanzminister in Rishi Sunaks konservativer Regierung, bestätigte am Donnerstag bei der Präsentation seines Haushaltsplans, dass sich das Land bereits in einer Rezession befindet: 2023 werde die Wirtschaftsleistung laut der unabhängigen Budgetbehörde um 1,4 Prozent schrumpfen, gefolgt von einem Aufschwung von 1,3 Prozent 2024.
Die Arbeitslosigkeit werde bis dahin von derzeit 3,6 Prozent auf 4,9 Prozent steigen. Angesichts all dessen, einer Inflationsrate von 11,1 Prozent, der höchsten seit 41 Jahren, und einer Energiekrise "made in Russland", betonte Hunt viele "schwierige Entscheidungen". Doch er positionierte seine Sanierungspläne als "ehrlich, fair und ausgewogen".
Ein Weihnachtsgeschenk?
Weil viele im Land den Gürtel nun noch enger schnallen müssen, erschien die Sun schon im Vorfeld mit einer wenig schmeichelhaften Fotomontage von Hunt als Ebenezer Scrooge, der von Charles Dickens kreierte Geizhals. Dabei hatte Sunak der Sun kürzlich erst gesagt, er wolle mit dem Finanzplan lieber Santa, also Weihnachtsmann, spielen. "Stabilität", ein "flacherer Wirtschaftsabschwung" sowie die Sicherung von 70.000 Jobs seien Hauptziele des Haushalts, argumentierte Hunt.
Schatzmeister Jeremy Hunt: Vor der Vorstellung seines Finanzplans gab es noch eine auf Laufrunde mit dem Hund.
Vor allem die Teuerung müsse man in den Griff bekommen, weil sie "mehr vom Geld in den Taschen der Briten frisst" als Steuern, meinte er. Trotz der Lebenskostenkrise müssten alle ihren Beitrag leisten, auch wenn die sozial Schwächsten weniger Belastung und mehr Hilfe erwarten dürfen, so der Schatzkanzler. "Brite zu sein bedeutet, mitfühlend zu sein", versuchte er den Spagat.
Neben Einsparungen in vielen Bereichen versprach er etwa höhere Ausgaben in Bildung und Gesundheitswesen. Auch mit einer Erhöhung und Verlängerung der Übergewinnsteuer für Energiekonzerne, sowie der Senkung der Schwelle für den Spitzen-Einkommensteuersatz schien Sunaks Regierung zu versuchen, der oppositionellen Labour- Partei etwas Wind aus den Segeln nehmen.
Vertrauen statt Chaos-Kurs
Nachdem Kurzzeit-Premier Liz Truss mit nicht gegenfinanzierten Steuersenkungsplänen Chaos an den Finanzmärkten ausgelöst hatte, soll der Kurswechsel wieder Vertrauen herstellen und den Tories bei den nächsten Wahlen 2024 zumindest eine Chance geben. Laut neuesten Umfragen liegt sie weiterhin klar hinter Labour: aktuell mit 25 zu 48 Prozent, so YouGov.
Rishi Sunak versucht mit dem Kurswechsel der Tories, das Vertrauen bei den Briten wieder herzustellen.
Labour kreidete die Rückkehr zu schmerzhafter Sparpolitik an. "Die Tories halten uns zurück", so Parteichef Keir Starmer. Beachtung fand aber ein längerfristiges Versprechen von Hunt: "Ich möchte Großbritannien in das nächste Silicon Valley verwandeln." Labour hatte einen anderen US-Vergleich für die Tories nach zwölf Jahren an der Macht parat: "Dallas". "Alte Darsteller kehren mit verworrenen Handlungssträngen zurück, als wäre nichts passiert. Aber jeder weiß, dass diese Serie längst hätte eingestellt werden sollen."
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