Kuba soll mit Hilfe Österreichs rechtsstaatlich werden

Justizminister Brandstetter in einem Ford, Bj. 1929
Justizminister Brandstetter drängte vor allem auch auf Rechtssicherheit für heimische Investoren auf der Zuckerinsel.

Die kubanische Justizministerin Maria Esther Reus Gonzalez sitzt vor einem Foto, das Fidel Castro und seinen Bruder Raul, den aktuellen Staatspräsidenten, zeigt, beide in Uniform. Österreichs Justizminister Wolfgang Brandstetter hat den verstorbenen Staatspräsidenten von Venezuela, Hugo Chavez, im Hintergrund. Die revolutionäre Vergangenheit Kubas ist überall präsent, aber die kommunistische Regierung will über eine bessere Zukunft reden und dabei ihre Geschichte nicht verleugnen. Das wird schwierig und bedeutet vor allem, Investitionen aus dem Ausland anzulocken. Die Voraussetzung dafür ist Rechtssicherheit, und darum geht es vor allem beim Gespräch der beiden Justizminister.

Diesbezügliche Kontakte gehen auf Justizminister Böhmdorfer zurück, der 2003 Computer nach Havanna liefern ließ, um beim Aufbau elektronischer Register mitzuhelfen. Als Erinnerung an die damalige Reise wurde erst kürzlich im Wiener Palais Trautson eine halb volle Flasche Rum, Havana Club, gefunden. Brandstetter hat jetzt erklärt, wie die Justiz in Österreich voll digitalisiert wurde, und er hat das Projekt "Justiz 3.0" und weitere Hilfe durch österreichische Beamte angeboten. Was hier dankbar aufgenommen wurde.

Kuba soll mit Hilfe Österreichs rechtsstaatlich werden
Justizminister Brandsteter und kubanische Kollegin Gonzales
Aber vor allem geht es um die Wirtschaft. Seit US-Präsident Obama im Vorjahr die jahrzehntelange Feindschaft zum karibischen Nachbarn beendet hat, kommen immer mehr Touristen und Unternehmen aus den USA, Europa und China. Da die Amerikaner aber vorsichtig sind, sind normale Touristenreisen für US-Bürger noch verboten. Dennoch sind die Hotels voll mit Amerikanern, die als Mitglieder irgendwelcher Delegationen anreisen. Zudem ist das Washingtoner Embargo gegen Kuba mittlerweile teilweise ausgesetzt, etwa für Baumaterialien. Das ist bei manchen verfallenen Häusern und Villen in Havanna bereits zu merken.

Viele Kubaner können sich das Leben überhaupt nur deswegen leisten, weil Verwandte aus den USA Geld überweisen – geschätzte 3,2 Milliarden Dollar pro Jahr, ein beachtlicher Betrag in einem Land, das einen Staatshaushalt von etwa 45 Milliarden Dollar hat.

"Juristischen Flankenschutz"

Auf den Straßen verblassen die riesigen Plakate, auf denen die kommunistische Partei verkündet, die "Avantgarde der Revolution" zu sein. Aber der Wechsel zu mehr Marktwirtschaft soll langsam und geordnet vor sich gehen. Kleine Geschäfte kommen, manche verschwinden auch wieder, weil der Staat schnell hohe Steuern auf Gewinne verlangt. Ausländische Investoren, die dringend gebraucht werden, sollen aber Schutz erfahren, das hat die kubanische Justizministerin ihrem österreichischen Kollegen versprochen. Abkommen werden vorbereitet, "juristischen Flankenschutz" wolle er den österreichischen Unternehmen bieten, sagt der Justizminister.

Schon jetzt sind heimische Unternehmen in Kuba aktiv, die kubanische Justizministerin nennt als eines ihrer Lieblingslokale die Dependance der Wiener Salm Brauerei. Sie produziert das Bier in Kuba. Der Niederösterreicher Brandstetter betont, er werde sich für den Export von Wein nach Kuba engagieren. Über weitere Investitionen soll in dieser Woche auf einem österreichisch-kubanischen Wirtschaftsforum in Havanna gesprochen werden.

Wolfgang Brandstetter hat aber noch ein juristisches Interesse, nämlich Personen zurückzubekommen, die sich in Österreich der Justiz entziehen. Mit Brasilien wurde kürzlich ein Auslieferungsabkommen unterzeichnet, mit Kolumbien, Peru und Bolivien werden solche gerade ausgearbeitet.

Auslieferungsabkommen angepeilt

Insbesondere an Wirtschaftskriminelle ist gedacht, die sich mit ergaunertem Geld bei angenehmen Temperaturen ein schönes Leben machen wollen. Die kubanische Regierung hat sofort signalisiert, schnell ein Auslieferungsabkommen vorbereiten zu wollen.

Maria Esther Reus Gonzalez, eine Ex-Notarin, ist bald zehn Jahre im Amt und hat schon einmal Wien besucht. Ob sie nicht 2016 wiederkommen wolle? "Nächstes Jahr haben wir sehr viel Arbeit", sagt sie lächelnd. Sie spielt auf die Vorbereitungen zum Parteitag im April an, wo Details über die wirtschaftliche Öffnung Kubas beschlossen werden sollen. Da gibt es intern noch Uneinigkeit, wie viel Marktwirtschaft erlaubt werden soll.

Eine Attraktion wird noch lange präsent sein, nämlich die vielen amerikanischen Autos, die seit der Revolution 1959 ohne Ersatzteile aus den USA auskommen müssen und mit viel Bastelarbeit erhalten werden. Botschafterin Gerlinde Paschinger hat den ältesten, original erhaltenen Wagen für eine Rundfahrt durch Havanna organisiert. Oldtimer-Experte Brandstetter erkennt sofort, dass im Ford A aus dem Jahr 1929 nicht der ursprüngliche Vierzylindermotor brummt.

Traditionen erhalten und ein neues Wirtschaftssystem aufbauen, wo anerkannte Leistungen bei Bildung und Gesundheit erhalten bleiben, das steht Kuba nun bevor. Die Auswirkungen auf das politische System sind unsicherer als der ökonomische Erfolg.

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