Aus gesundheitlichen Gründen: Japans Premier Shinzo Abe tritt zurück

Japanese PM Abe reported to announce resignation
Er ist der am längsten dienende Regierungschef in der Geschichte Japans. Abe kündigte am Freitag seinen Rücktritt an.

Japans Regierungschef Shinzo Abe hat am Freitag in Tokio offiziell seinen Rücktritt bekannt gegeben. In seiner Rede an die Nation, die vom öffentlich-rechtlichen Fernsehsender NHK live übertragen wurde, nannte der 65-Jährige eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes als Grund.

In Japan gibt es seit Wochen Spekulationen über Abes Gesundheitszustand, die durch zwei Krankenhausbesuche des Ministerpräsidenten in jüngster Zeit noch befeuert wurden. Der Premier hatte sich in den vergangenen Tagen wiederholt aus nicht näher bekannten Gründen zu Untersuchungen ins Krankenhaus begeben.

Immer wieder hatte es Fragen zum Gesundheitszustand von Abe gegeben, nachdem er bereits nach seiner ersten kurzen Amtszeit von nur einem Jahr im September 2007 nach einer herben Wahlniederlage wegen chronischer Dickdarm-Probleme zurückgetreten war.

"Abe will zurücktreten, weil seine Krankheit sich verschlimmert hat", hatte NHK zuvor berichtet, ohne sich auf eine spezifische Quelle zu beziehen. Mit dem Schritt wolle Abe verhindern, dass sein Gesundheitszustand die "nationale Politik beeinträchtigt".

Am längsten amtierender Regierungschef in der Geschichte Japans

Der rechtskonservative Politiker ist der am längsten amtierende Regierungschef in der Geschichte Japans. Zum ersten Mal wurde er 2007 ins Amt gewählt, trat jedoch weniger als ein Jahr später wegen einer Darmerkrankung zurück. Als er 2012 erneut zum Regierungschef gewählt wurde, gab er an, die Krankheit überwunden zu haben. Die Amtszeit Abes, der auch Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei ist, würde im September 2021 enden.

JAPAN-POLITICS-ABE-RESIGNATION

In den vergangenen Wochen kämpfte Abe laut Medienberichten allerdings wieder mit einer Erkrankung. Im Juli hatte es Medienberichte gegeben, wonach Abe Blut gespuckt habe. Die Gerüchte um die Gesundheit des 65-Jährigen wurden zuletzt unter anderem durch dessen Entscheidung befeuert, während der Corona-Pandemie Pressekonferenzen zu vermeiden. Vor wenigen Wochen deutete Abes Parteifreund Akira Amari bei einem Fernsehauftritt an, dass der Regierungschef eine Pause brauche.

Gemischte Bilanz

Der erste nach dem Zweiten Weltkrieg geborene Regierungschef Japans blickt auf eine gemischte Bilanz seiner rekordlangen Amtszeit zurück. Mit Unterstützung staatstragender Medien hatte er mit seiner "Abenomics" getauften Wirtschaftspolitik aus billigem Geld, schuldenfinanzierten Konjunkturspritzen und dem Versprechen von Strukturreformen nicht nur im eigenen Land die Hoffnung auf ein Ende der jahrzehntelangen Deflation und Stagnation entfacht. Zudem öffnete Abe sein Land für den Tourismus. Der Boom brachte viel Geld ins Land.

Zwar hat die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt unter Abe tatsächlich die längste Wachstumsphase seit Jahren erlebt, die Börse boomte. Auch waren die Unternehmen insgesamt sehr profitabel geworden und fingen an, auch angesichts der Unsicherheit durch den Protektionismus der USA wieder im eigenen Land zu investieren.

Gleichzeitig aber habe die Abenomics dazu geführt, dass die Gewinne in den vergangenen Jahren ungleich verteilt worden seien, beklagten seine Kritiker. Ein Drittel der Beschäftigten in Japan hat keine feste Anstellung. Die lange Wachstumsphase kam dann jedoch im Zuge einer Mehrwertsteuererhöhung Ende vergangenen Jahres, dem Handelskrieg zwischen den USA und China und nicht zuletzt der Coronakrise jäh zum Ende. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt stürzte in eine tiefe Rezession. Abe selbst sprach kürzlich von der schwersten Krise der Nachkriegszeit.

Auch wiederholte Skandale um Freunderlwirtschaft überschatteten Abes Amtszeit. Hinzu kam zuletzt Kritik an seinem Umgang mit der Coronakrise. Besonders bitter für Abe dürfte jedoch sein, dass er sein politisches Lebensziel während seiner Amtszeit nicht erreicht hat: eine Revision der pazifistischen Nachkriegsverfassung. Er glaubt, dass die Nachkriegsverfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspricht, da sie Japan 1946 von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei.

Absturz in der Corona-Pandemie

In der Corona-Pandemie ist Abe in den Umfragen zu seiner Beliebtheit abgestürzt. Zwar verzeichnet Japan im internationalen Vergleich relativ wenige Infektionsfälle. Der Regierung werden aber Versäumnisse bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Krise vorgeworfen.

Der Nikkei-Index rutschte nach dem Bericht über einen Rücktritt des Regierungschefs zwei Prozent ins Minus.

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