Um das Umfragehoch der Lega (38 Prozent) und die Erfolgswelle der EU-Wahl auszunützen, kann es Salvini mit Neuwahlen nicht schnell genug gehen. Sein Wunschtermin wäre Anfang Oktober.
Den von ihm eingebrachten Misstrauensantrag gegen Premier Giuseppe Conte möchte er noch diese Woche durchboxen. Am Montag konnten sich die Fraktionschefs des Senats aber auf keine gemeinsame Vorgangsweise einigen. Heute, Dienstag, stimmen die Senioren zunächst über einen Termin für das Votum ab. Die Senatoren müssen nun aus der Sommerpause geholt werden.
Spricht der Senat Conte sein Misstrauen aus, müsste der Regierungschef seinen Rücktritt einreichen. Präsident Sergio Mattarella kann dann entscheiden, ob er das Parlament auflöst. Er könnte auch eine
Übergangsregierung einsetzen. Doch Salvini predigt für „eine ehrliche, transparente Lösung für die politische Krise“: „Wir leben in einer Demokratie. Was gibt es Schöneres, als die Bürger wählen zu lassen?“
Doch nicht nur Noch-Koalitionspartner Luigi Di Maio ist gegen Neuwahlen, bei denen seine Partei die Hälfte der Stimmen verlieren könnte. Auch der sozialdemokratische Ex-Premier
Matteo Renzi hält einen Urnengang im Herbst für „verrückt“, wenn die Regierung das Budget 2020 vorbereiten müsse. Italien muss der EU-Kommission bis Oktober 2019 den Haushalt für 2020 vorlegen. Die Kommission verlangt Zusagen, dass das Budget nicht gegen die EU-Regeln verstößt. Die Verschuldung Italiens ist die zweithöchste in der Euro-Zone.
Im Corriere della Sera appelliert Renzi an die Fünf Sterne, die
Forza Italia und an die Linke, zusammen mit den Sozialdemokraten (PD) eine Übergangsregierung aus Technokraten zu unterstützen. Nach den
Wahlen 2018 hatte Renzi noch jede Annäherung an die „Grillini“ (Fünf Sterne) für einen Pakt mit dem Teufel gehalten. Nun ist es PD-Chef Nicola Zingaretti, der bremst und keine Allianz mit den Fünf Sternen will. Fünf-Sterne-Gründer Beppe Grillo, der sich nach längerer Abwesenheit wieder meldete, will ebenfalls von Neuwahlen nichts wissen: „Ich werde mich engagieren, um Italien vor den neuen Barbaren zu retten.“
Gegenwind erfährt Salvini auf seiner Strandtour in Süditalien. Viele Sizilianer haben seine Hasstiraden gegen die „terroni“ (Erdfresser) noch lange nicht vergessen. In Catania und Siracusa protestierten Demonstranten lautstark mit Pfeifkonzerten gegen den Lega-Chef,
der daraufhin seine Rede unterbrechen musste. Andere schmetterten wie zuvor schon Kalabresen
aus voller Kehle die Anti-Salvini-Hymne schlechthin: das Partisanenlied „Bella Ciao“.
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