Italien muss Gesetz zur lebenslangen Haft reformieren

Italien steht am Scheideweg
Laut Verfassungsgericht sollen auch lebenslänglich verurteilte Mafiosi Begünstigungen wegen guter Führung erhalten können.

Italien muss das System zur Regelung der lebenslangen Haftstrafe ändern. Das Gesetz müsse abgeschafft werden, das wegen Mafiazugehörigkeit oder Terrorismus zu lebenslangem Gefängnis verurteilten Häftlingen jegliche Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung versperrt, urteilte das Verfassungsgericht in Rom am Mittwoch.

Die italienische Gesetzgebung, die eine vorzeitige Freilassung bei lebenslangen Strafen für besonders schwere Verbrechen nur vorsieht, wenn der Häftling mit der Justiz beispielsweise als Informant zusammenarbeitet, verstoße gegen die Verfassung, urteilten die Richter. Ziel der Haft sei es, Sträflingen eine Möglichkeit der Umkehr zu geben, was bei lebenslanger Haft nicht möglich wäre. Bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte Italien vor zwei Wochen aufgefordert, seine Gesetzgebung zu lebenslangen Haftstrafen zu reformieren.

Die italienische Regierung hatte sich bisher unnachgiebig gezeigt. "Unser System ist ein Eckpfeiler im Kampf gegen die Mafia und daran wird nicht gerüttelt", hatte Justizminister Alfonso Bonafede nach dem EGMR-Urteil betont.

Laut einem 1992 nach dem Mord an den Mafia-Jägern Giovanni Falcone und Paolo Borsellino verabschiedeten Gesetz wurde beschlossen, dass wegen Mafiazugehörigkeit oder Terrorismus verurteilte Häftlinge kein Recht auf alternative Maßnahmen zum Gefängnis und jedwede Begünstigung dank guter Führung haben, die anderen Sträflingen gewährt werden, es sei denn sie würden sich zur Zusammenarbeit mit der Justiz entschließen.

Das Urteil des Verfassungsgerichts ist ein Erfolg der Anwältin Antonella Mascia, die sich für bessere Haftbedingungen für ihren wegen Mafiamitgliedschaft verurteilten Mandanten Marcello Viola einsetzt. Nach italienischem Recht hätte sich der Mann nur dann für eine frühere Entlassung aus dem Gefängnis qualifizieren können, wenn er mit der Justiz zusammenarbeitet.

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