Renzi mit Regierungsbildung beauftragt
Das Warten auf einen neuen Premier hatte am Montag ein Ende. Bei einem vorab angekündigten morgendlichen Treffen hat Staatspräsident Giorgio Napolitano (88) nach zahlreichen Konsultationsrunden am Wochenende dem Chef der Demokratischen Partei (PD), Matteo Renzi (39), den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt. Der scheidende Florentiner Bürgermeister wird damit wohl der jüngste Regierungschef, den das für seine Gerontokratie berüchtigte Italien je hatte.
Renzi, der in der Vorwoche Premier Enrico Letta im Eiltempo mit einer Abstimmung des Parteigremiums aus dem Amt beförderte, muss sich nun selbst mit der Realität des "Palazzo", des römischen Regierungs-Apparates konfrontieren. "Ich lasse mich nicht zähmen, meine Revolution wird starten", ließ der aus seiner Heimatstadt Florenz ausrichten.
Welche Parteien einer Regierungskoalition beitreten werden, ist noch offen. Die Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi kündigte – entgegen der Spekulationen über eine Regierungsbeteiligung – eine "verantwortungsbewusste Opposition" an. Der Chef der Mitte-rechts-Partei Nuovo Centrodestra (NCD), Angelino Alfano, wird voraussichtlich mit Renzi kooperieren. Er verlangt jedoch vorab einen schriftlichen Pakt und umfangreiche Mitbestimmungsrechte beim neuen Regierungsprogramm.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich in der PD eine Spaltung abzeichnet. Der Kreis um Pippo Civati, dazu zählen ein Dutzend Abgeordnete in Abgeordnetenkammer und Senat, könnten der Partei den Rücken zuwenden. Civati, der sich ebenfalls um den PD-Vorsitz beworben hatte, kritisierte Renzi wegen des "Bruderkampfes" gegen Enrico Letta. "Letta wurde behandelt wie die Giraffe Marius im Zoo von Kopenhagen, die den Löwen zum Fraß vorgeworfen wurde", kommentierte Civati den erzwungenen Rücktritt des Premiers.
Tauziehen
Hinter den Kulissen tobt das Tauziehen um die Ministerposten. Renzis PD soll mindestens fünf Minister stellen. Die Zentrumspartei Scelta Civica und die verbündete "Popolari per l'Italia" fordern je einen Minister, Alfanos NCD beansprucht zumindest zwei Ministersessel. Auch könnten Experten die Regierungsmannschaft ergänzen.
Renzi führte am Wochenende in einem vor Journalisten geheim gehaltenen Florentiner Innenstadthotel intensive Gespräche mit Vertretern aus Wirtschaft und Kultur, die er für sein neues Kabinett gewinnen möchte. Dabei traf Renzi, der bekannt für seine guten Kontakte in Unternehmerkreise ist, auch Tods Chef und Präsident des Fußballclubs AC Fiorentina, Diego della Valle. Schriftsteller Alessandro Baricco lehnte das Angebot für das Kulturressort ab. Dem Geschäftsführer des Brillenkonzerns Luxottica, Andrea Guerra, wurde das Industrieministerium in Aussicht gestellt. Ferrari-Boss Luca di Montezemolo wird ebenfalls wieder einmal für einen Ministerposten ins Spiel gebracht.
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