Nach Kritik: Netanjahu entlässt Verteidigungsminister, massive Proteste folgen

Israels Premier Netanyahu reist nach Berlin
Joav Galant wurde nach seinem Aufruf zum Stopp der umstrittenen Justizreform entlassen.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Verteidigungsminister Joav Galant nach dessen Aufruf zum Stopp der umstrittenen Justizreform entlassen. Die teilte ein Sprecher von Netanjahus rechtskonservativer Likud-Partei am Sonntagabend mit. Gegen die Reform, mit der der Einfluss des Höchsten Gerichts beschnitten werden soll, gibt es seit Monaten Proteste. Auch international haben die Pläne der rechtsreligiösen Regierung erhebliche Kritik ausgelöst.

Der bisherige Verteidigungsminister hatte am Samstagabend überraschend die eigene Regierung zum Stopp der Reform und zum Dialog mit Kritikern aufgerufen. Galant warnte, dass die nationale Sicherheit ansonsten schweren Schaden nehmen könnte. Er verwies darauf, dass zahlreiche Reservisten aus Protest gegen die Reform nicht zum Dienst erschienen. Netanjahus Koalition will Kernelemente der Reform in den nächsten Tagen umsetzen.

Massive Proteste

Die Abstimmung über ein Gesetz, das Regierungspolitikern mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern verleihen soll, könnte bereits an diesem Montag stattfinden. Noch ist unklar, wie Kritiker innerhalb der Regierung stimmen werden. Die Koalition hat im Parlament nur eine Mehrheit von vier Mandaten.

Die Regierung wirft dem Höchsten Gericht übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise.

Am Sonntagabend kam es wegen der Entlassung Galants zu wütenden Protesten. In der Küstenmetropole Tel Aviv versammelten sich nach Fernsehberichten spontan Zehntausende, um gegen die Entscheidung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu protestieren. Sie blockierten die zentrale Straße nach Jerusalem. Dort durchbrachen Demonstranten eine Straßensperre neben dem Wohnhaus des Regierungschefs. Nachbarn schwenkten blau-weiße Nationalflaggen. Es war allerdings unklar, ob der 73-Jährige sich in dem Haus aufhielt.

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