Historischer Gipfel Trump-Kim: Die letzten Vorbereitungen laufen

Trump mit Singapurs Premier Lee
Trump twittert "Vorfreude liegt in der Luft". Südkoreas Präsident Moon warnt vor zu großen Erwartungen.

Mit Gesprächen hinter den Kulissen haben die USA und Nordkorea am Montag in Singapur die letzten Vorbereitungen für ihren historischen Gipfel getroffen. Nach wochenlangem Hin und Her treffen US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am Dienstag erstmals aufeinander. Mit großem Interesse wird weltweit verfolgt, ob es Trump gelingt, die kommunistische Führung aus Pjöngjang zur Aufgabe ihres Atomprogramms zu bewegen. Der Gipfel ist auf einen Tag angelegt, wird aber möglicherweise verlängert.

Trump und Kim sind bereits seit Sonntag in Singapur. Beide hielten sich mit Stellungnahmen zunächst zurück. Der US-Präsident twitterte aus seinem Hotel nur: „Es ist großartig in Singapur zu sein. Vorfreude liegt in der Luft.“ Anschließend traf er sich mit Singapurs Regierungschef Lee Hsien Loong, dem Gastgeber. Kim, dessen Hotel ganz in der Nähe von Trumps Unterkunft liegt, trat in der Öffentlichkeit zunächst gar nicht in Erscheinung. Allerdings berieten Unterhändler beider Seiten.

Trump und Kim Jong Un werden bei ihrem Gipfeltreffen am Dienstag in Singapur zunächst unter vier Augen zusammenkommen. Neben den Staatsmännern dürften nur die Übersetzer in den Raum, teilte das Weiße Haus am Montag mit. Anschließend soll es zu einem Arbeitstreffen im erweiterten Kreis kommen. Daran werde sich ein Arbeitsessen anschließen. Zur US-Delegation gehören neben Trump unter anderem Außenminister Mike Pompeo und der Nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, John Bolton. Trump werde zum Ende des Gipfels die Presse über die Ergebnisse informieren.

Pompeo stellt Sicherheitsgarantien in Aussicht

US-Außenminister Mike Pompeo stellt "beispiellose" Sicherheitsgarantien für Pjöngjang in Aussicht. Die USA seien zu solchen Garantien bereit, wenn Nordkorea einer "vollständigen, überprüfbaren und unumkehrbaren Denuklearisierung" zustimme, sagte Pompeo am Montag in Singapur. Die Vorbereitungen für das Treffen am Dienstag kommen seinen Angaben zufolge schneller voran als erwartet. Weniger als 24 Stunden vor dem Treffen Kim-Trump besprach sich der US-Präsiden noch einmal mit wichtigen Verbündeten. Trump habe am Montag mit dem japanischen Regierungschef Shinzo Abe sowie mit Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in telefoniert, sagte Pompeo. "Dies ist wahrlich eine Friedensmission", sagte der Chefdiplomat.

Trump sei optimistisch, was den Ausgang des Treffens angehe, sagte Pompeo. Kim habe eine "beispiellose Möglichkeit, den Lauf unserer Beziehungen zu verbessern und seinem Land Frieden und Wohlstand zu bringen". Trump habe auch signalisiert, dass er offen sei, Nordkorea den Zugang zu ausländischen Investitionen zu ermöglichen, sollte das Land die richtigen Schritte unternehmen. Die Sanktionen könnten jedoch erst gelockert werden, wenn das Ziel der atomaren Abrüstung erreicht sei und überprüft werden konnte. Pompeo unterstrich noch einmal, dass es sich bei dem historischen Gipfel in Singapur um einen ersten Schritt handeln müsse. Es sei möglich, dass ein Dokument unterschrieben werde, aber es müssten danach weitere folgen, betonte er. "Es ist noch viel Arbeit zu tun."

Gleichzeitig lobte Pompeo die Unterstützung der europäischen Partner beim Zustandekommen des Gipfels. "Wir wären nicht wo wir sind, ohne die diplomatische Arbeit, die von unseren europäischen Partnern an unserer Seite geleistet wurde", so Pompeo.

Treffen auf Sentosa

Der Gipfel, den Trump zwischenzeitlich schon wieder abgesagt hatte, soll am Dienstag um 09.00 Uhr Ortszeit (03.00 Uhr MESZ) auf der Insel Sentosa beginnen. Es ist das erste solche Treffen in der Geschichte beider Nationen. Bis vor einigen Monaten beschimpften sich Kim und Trump gegenseitig noch heftig. Für den Nordkoreaner, dessen Land international weitgehend isoliert ist, bedeutet das Treffen auf jeden Fall eine Aufwertung. Der Gipfel in dem südostasiatischen Stadtstaat ist auch Kims bislang weiteste Auslandsreise überhaupt.

 

Die Erfolgsaussichten werden sehr unterschiedlich beurteilt. Einige Experten waren zuletzt darum bemüht, die Erwartungen zu dämpfen. Beide Seiten sind sich offenbar nicht einig, was „Denuklearisierung“ eigentlich bedeutet - also was atomare Abrüstung konkret umfasst und wie schnell sie gehen soll. Die USA sind seit vielen Jahrzehnten Atommacht. Nordkorea verfügt nach eigenen Angaben ebenfalls über Langstreckenraketen, die einen Atomsprengstoff bis aufs amerikanische Festland befördern könnten.

Bei dem Treffen dürfte auch die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Seiten eine Rolle spielen. Bislang haben die USA und Nordkorea weder Botschafter noch Botschaften im jeweils anderen Land. Darüber hinaus dürfte es auch darum gehen, einen endgültigen Friedensvertrag zwischen Nord- und Südkorea vorzubereiten. Völkerrechtlich ist der Kriegszustand zwischen beiden Seiten auch mehr als sechs Jahrzehnte nach dem Korea-Krieg noch nicht beendet. Kim hofft insbesondere auf ein Ende der Wirtschaftssanktionen, die sein Land massiv belasten.

 

US-Außenminister Mike Pompeo, der zusammen mit Trump in Singapur ist, machte nochmals deutlich, dass die USA eine „völlige, überprüfbare und unumkehrbare Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel“ durchsetzen wollen. Nach seinen Angaben gingen die vorbereitenden Gespräche am Montag „ins Detail“. Trump sei gut vorbereitet. Nordkorea sieht in der atomaren Abrüstung dagegen eher einen schrittweisen Prozess.

Der renommierte US-Politikprofesser und Nordkorea-Experte Bruce Cumings hält eine komplette atomare Abrüstung auf der koreanischen Halbinsel für kaum machbar. Aus seiner Sicht wäre es schon ein Erfolg, wenn es beim Gipfel zu einem Moratorium für Tests von Raketen und Atomwaffen käme - oder Nordkorea gar dem internationalen Teststoppvertrag beitreten würde. „Aber wir werden nie wissen, ob wir jede einzelne Atombombe erfassen können“, sagte Cumings der Deutschen Presse-Agentur. Er halte den Begriff Denuklearisierung für falsch.
Die kommunistische Führung des 23-Millionen-Einwohner-Landes stimmte die Bevölkerung am Montag über die Staatsmedien auf das Treffen ein. Bei dem Gipfel gehe es darum, wie „neue Beziehungen“ entwickelt, ein dauerhafter Friedensmechanismus für die koreanische Halbinsel geschaffen und die „Denuklearisierung“ verwirklicht werden könnten. Zuvor waren die Nordkoreaner über das Treffen weitgehend im Dunkeln gelassen worden.

Moon: "Tiefverwurzelte Feindschaft"

Südkoreas Präsident Moon Jae In äußerte zwar die Erwartung auf einen erfolgreichen Gipfel, erinnerte aber auch an die „tiefverwurzelte Feindschaft“ mit Nordkorea. Diese und der Streit um das Atomprogramm könnten nicht auf einen Schlag vollständig überwunden werden. „Selbst nachdem beide einen Dialog in Gang gesetzt haben, benötigen wir wahrscheinlich einen langen Prozess, der ein, zwei Jahr oder sogar länger in Anspruch nehmen wird“, erklärte Moon.

Der Gipfel findet unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen im Luxushotel „Capella“ auf Sentosa statt, einer vorgelagerten Insel. Gleich nach dem ersten Handschlag soll es ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Trump und Kim geben. Dann wollen sich beide Seiten zurückziehen. Offen ist noch, wie die Öffentlichkeit unterrichtet werden soll. Das Treffen wird von mehr als 2500 Journalisten aus aller Welt verfolgt.

Andreas Pfeifer (ORF) berichtet aus Singapur

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