EU-Granden lassen Cameron abblitzen

David Cameron hält eine Rede vor einem blauen Hintergrund.
Cameron wollte über Großbritannien reden, seine Kollegen am EU-Gipfel in Riga aber nicht.

Der britische Premier David Cameron reiste zum EU-Gipfel in Riga am Donnerstag mit seiner ganz eigenen Agenda an. Selbstbewusst nach seinem Wahltriumph kam er gleich einmal zu spät an und wollte dann vor allem über Großbritannien und seine Reformpläne reden. Dabei soll es bei dem Gipfeltreffen eigentlich um die Ukraine-Krise, die Annäherung der EU an sechs frühere Sowjetrepubliken und am Rande um Griechenland gehen.

Ziemlich schnell stieß er mit seinen Versuchen dann auch auf wenig Verständnis. Die EU-Spitzen wollten noch nicht über eine mögliche EU-Vertragsänderung reden, um Cameron für sein geplantes Referendum über die EU-Mitgliedschaft entgegenzukommen. Der irische Europaminister Dara Murphy sagte am Freitag, es sei "viel zu früh, um darüber zu reden, ob man überhaupt eine Vertragsänderung braucht". Murphy zeigte sich jedoch optimistisch, dass die EU einen Deal mit Großbritannien schließen könne und es gelinge, das Vereinte Königreich in der Union zu halten. Cameron geht es insbesondere darum, den Zuzug von Bürgern aus ärmeren osteuropäischen EU-Mitgliedsländern zu beschränken.

Ablehnung von Merkel und Faymann

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ erklären, dass die Freizügigkeit für sie "so grundlegend" mit dem europäischen Gedanken verbunden sei, dass diese "im Grundsatz" nicht angetastet werden dürfe.

Scharfe Kritik kommt von Bundeskanzler Werner Faymann, er schließt eine EU-Vertragsänderung aus. Alle Ankündigungen, wonach man für sich selbst etwas zustande bringen wolle, was andere nicht bekämen, zeigten, "dass man den europäischen Gedanken nicht verinnerlicht hat", sagte der Kanzler am Freitag in Riga. "Ich halte es für ausgeschlossen, dass jemand glaubt, er bekommt eine Vertragsänderung mit Vorteilen, weil wir sind ja nicht die Gemeinschaft der Rosinenpicker. Die wären sich ja dann gegenseitig im Weg", kritisierte Faymann.

Gespräche nächste Woche

Cameron rechnet mit schwierigen Gesprächen: "Es wird ein auf und ab geben. Man wird an einem Tag hören, dass das möglich ist, am nächsten Tag wird etwas anderes unmöglich sein", so Cameron am Freitag in Riga.

Der britische Premier will seine Initiative kommende Woche in Einzelgesprächen mit EU-Spitzenpolitikern vorantreiben. Bereits für Montag ist ein Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geplant. Am Donnerstag will Cameron dann in Paris den französischen Präsidenten Francois Hollande besuchen, am Freitag in Berlin die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, hieß es aus dem Kanzleramt.

"Bei mir kann man sich solche eine Werbetour eigentlich sparen", sagte Faymann. "Ich würde gerne einmal sehen, was die Briten dazu sagen, wenn Österreich oder ein anderes Land sagt: Wir wollen Spezialregelungen", kritisierte Faymann. Selbst bei Fragen wie der Einführung der Finanztransaktionsteuer würde Großbritannien "gleich alle Register ziehen, damit ja niemand etwas miteinander bespricht, was ihnen nicht zu 100 Prozent passt".

Camerons Wahlversprechen

Der Premier hatte den Briten im Falle seiner Wiederwahl für spätestens 2017 eine Volksabstimmung über den Verbleib in der EU versprochen und will vorher die Bedingungen für die britische Mitgliedschaft von Grund auf neu aushandeln. Camerons Ziel ist dabei "ein besserer Deal" für Großbritannien, das schon jetzt von einer Reihe von Ausnahmeregelungen profitiert und unter anderem bei den Beitragszahlungen einen Rabatt bekommt.

Das Referendum werde nun "definitiv stattfinden", sagte Cameron. Er sei zudem "entschlossen", die Reform der EU zu erreichen. "Es wird entlang des Weges unterschiedliche Ansichten und Meinungsverschiedenheiten geben. Aber ich glaube, dass wir Lösungen finden können, die den Bedenken des britischen Volkes Rechnung tragen und die EU als Ganzes verbessern." Schließlich sei Großbritannien auch "nicht alleine" bei dem Bestreben, "die EU dazu zu bringen, besser für die Menschen quer durch Europa zu arbeiten."

Was Cameron will

Die britische Liste an Forderungen an die EU ist lang: Zu den bereits bestehenden Privilegien (Briten-Rabatt) und Ausnahmeregelungen (Schengen-Opt-out; kein Euro; im Bereich Justiz und Inneres Dutzende individuelle Regelungen; EU-Grundrechtecharta wird nicht anerkannt) will die Cameron-Regierung Einschränkungen oder gar eine Abschaffung der Personenfreizügigkeit. EU-Einwanderern sollte der Zugang zu Sozialleistungen erschwert werden. Und es sollte Erleichterungen für die Finanzdienstleistungsbranche in der City of London geben.

Hier gibt es mehr Informationen zum EU-Gipfel in Riga.

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