Griechisches Referendum im Eilverfahren - klappt es?
Die Ankündigung, ein Referendum zu den Spar- und Reformvorgaben der internationalen Geldgeber am 5. Juli abzuhalten, ist für Kritiker ein populistischer Akt der linksgerichteten Regierungspartei Syriza, für Befürworter hingegen die Rückkehr der Demokratie, der längst vergessen geglaubten Volksherrschaft.
Der spontane Beschluss des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras stellt die Verwaltung vor schier unlösbare Probleme. Die letzte Abstimmung fand 1974 statt. Knapp 70 Prozent stimmten für die Abschaffung der konstitutionellen Monarchie, der neugriechische Staat entstand. Die junge Demokratie hat somit wenig Erfahrung mit einem derartigen Votum.
Kritik am Stimmzettel
Nun, 41 Jahre später, kann die griechische Bevölkerung darüber entscheiden, ob das Sparpaket der Kreditgeber angenommen werden soll oder nicht. Die Frage, die der griechischen Bevölkerung vorgelegt werden soll, lautet:
"Muss der gemeinsame Plan von EZB, EU-Kommission und IWF, der am 25.6.2015 in der Eurogruppe eingebracht wurde und aus zwei Teilen besteht, angenommen werden? Die zwei Teile sind: 'Reforms for the Completion of the Current Program and Beyond' und 'Preliminary Debt Sustainabilty Analysis'."
Kritische Anmerkungen ließen nicht lange auf sich warten. Zu kompliziert, zu lang, und die Antwortmöglichkeiten „Oxy“ (Nein) und „Nai“ (Ja) befinden sich in jener Positionierung, die sich Tsipras wünsche: an erster Stelle „Oxy“, an zweiter „Nai“.
Logistische Probleme
Die Stimmzettel und die Wahlbenachrichtigungen seien bereits gedruckt, berichtet unter anderem die Süddeutsche Zeitung auf ihrer Webseite. Diese müssen nur noch in alle Teile des Landes verschickt werden, was normalerweise zehn bis 15 Tage in Anspruch nimmt. Auch Wahlhelfer und Juristen müssen bestellt und die Wahllokale eingerichtet werden. Aber das sind bloß die logistischen Herausforderungen, die die Regierung in Athen und die Verwaltung vor dem eigentlichen Referendum bewältigen müssen.
Ein nicht minder großes Problem im krisengeschüttelten Land ist der Kostenpunkt. Dieser liegt nach Informationen von Zeit Online bei rund 110 Millionen Euro. Des Weiteren müssen mindestens 40 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben, damit auch das Quorum erreicht wird. Das bedeutet, erst dann ist die Mehrheitsentscheidung auch gültig. Traditionell ist die Wahlbeteiligung in Griechenland hoch. Im Jahr 2012 lag sie bei 65,10 Prozent und 2015, als die linksgerichtete Partei Syriza die meisten Stimmen für sich verbuchen konnte, bei 63,87 Prozent. Doch die Opposition könnte die Bevölkerung aufrufen, die Wahl zu boykottieren.
Pasok: Verfassungswidrig
Die ehemalige Regierungspartei Pasok und die liberal-konservative Nea Dimokratia sehen das Referendum skeptisch. Für sie sei es eindeutig verfassungswidrig. Zwar sieht die griechische Verfassung im Artikel 44 vor, dass das Parlament in besonders wichtigen nationalen Fragen eine Volksabstimmung ansetzen kann, aber Haushaltsfragen des Staates sind davon ausgenommen. Darum gehe es aber in diesem Referendum, bemängeln die Kritiker. Oppositionsführer Antonis Samaras (Nea Dimokratia) kritisiert Tsipras als verantwortungslos und sprach von einem "Staatsstreich".
Ebenfalls kritisch dazu äußerte sich der frühere griechische Außenminister Dimitris Droutsas. Tsipras versuche, sein eigenes Scheitern auf das griechische Volk umzuwälzen, so Droutsas, der mit seiner neuen Bewegung demokratischer Sozialisten den Einzug ins griechische Parlament im Jänner verpasste.
In einer Presseaussendung begrüßte die Vorstandsvorsitzende der deutschen Organisation Mehr Demokratie, Claudine Nierth, das Referendum, kritisiert allerdings, dass Tsipras seine Landsleute direkt auffordert, mit „Nein“ zu stimmen. Denn bei einem mehrheitlichen „Ja“ tritt der Regierungschef zurück. Das kündigte er am Montagabend im griechischen Fernsehen an.
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