Zukunft der Tsipras-Regierung in der Schwebe
Die Zukunft der Linksregierung von Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras ist ungewiss. In der Regierungspartei Syriza vertiefte sich die Kluft zwischen den Anhängern des Regierungschefs und dem linken Flügel, der das dritte Hilfsprogramm und die damit verbundenen Sparmaßnahmen ablehnt.
Der linke Parteiflügel will nach Medienberichten vom Samstag im Fall einer Vertrauensabstimmung im Parlament nicht für den Regierungschef votieren. "Es zeichnet sich ein offener Bruch in Syriza ab", berichtete die angesehene Online-Zeitung tovima.gr. Athener Regierungskreise hatten die Erwartung geäußert, dass Tsipras nach dem Anlaufen der Hilfe die Vertrauensfrage im Parlament stellen werde. Eine Bestätigung gab es dafür aber nicht.
Tsipras könnte Vorhaben überdenken
Wenn die Syriza-Abgeordneten von der Linken Plattform bei einer Vertrauensabstimmung gegen den Regierungschef stimmen, droht Tsipras eine klare Niederlage. Die - für das Hilfsprogramm erforderlichen - Sparmaßnahmen hatte er im Parlament nur durchbringen können, weil die Konservativen, die Liberalen und die Sozialisten dafür stimmen. Bei einer Vertrauensabstimmung wollen die Oppositionsparteien aber nicht für Tsipras votieren.
Nach Informationen der Zeitung Kathimerini ist es nicht ausgeschlossen, dass der Regierungschef sein Vorhaben überdenkt und in nächster Zeit doch nicht die Vertrauensfrage stellen wird. Es könne sein, dass Tsipras damit noch abwarte, um Zeit zu gewinnen, berichtete das Blatt unter Berufung auf unterrichtete Kreise.
Das grüne Licht der Eurozone für Rettungspaket Nummer drei eröffnet ein neues Kapitel in der Griechenland-Krise. Was bisher geschah:
2009
Oktober: Die sozialdemokratische Regierung unter Giorgos Papandreou legt die Haushaltsmisere offen. Die konservative Vorgängerregierung hinterlässt Schulden von 350 Milliarden Euro.
2010
April: Athen bekommt an den Finanzmärkten praktisch keine Kredite mehr und muss als erstes Euroland in der Schuldenkrise um internationale Hilfe bitten.
Mai: Die Eurostaaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) gewähren im Gegenzug für rigorose Sparmaßnahmen Notkredite von 110 Milliarden Euro.
2011
Juli: Die Hilfe reicht nicht, die Euroländer beschließen Paket Nummer zwei mit Krediten von 109 Milliarden Euro. Kurze Zeit später wird klar, dass Griechenland die vereinbarten Sparziele nicht erreicht.
Oktober: Bei zwei Gipfeltreffen wird ein neuer Plan geschmiedet: Die Privatgläubiger werden zu einem Schuldenverzicht gedrängt. Zusätzlich bekommt Athen neue Kredite von 100 Milliarden Euro, mit weiteren 30 Milliarden Euro wird der Schuldenschnitt abgesichert. Damit erreicht das Hilfsvolumen 240 Milliarden Euro.
Oktober: Regierungschef Papandreou kündigt überraschend eine Volksabstimmung über das neue Hilfspaket an. Unter internationalem Druck lässt er von dem Vorhaben ab, tritt aber dann zurück.
2012
Mai: Bei der Parlamentswahl werden die Traditionsparteien Nea Dimokratia (ND) und Pasok abgestraft. Eine Regierungsbildung scheitert.
Juni: Bei der Neuwahl gewinnt die konservative Nea Dimokratia. Parteichef Antonis Samaras wird Regierungschef einer Drei-Parteien-Koalition.
November: Eurozone und IWF sagen Athen Schuldenerleichterungen zu, wenn alle Auflagen erfüllt werden.
2014
April: Griechenland strebt zurück auf die internationalen Finanzmärkte und gibt erstmals seit vier Jahren wieder Staatsanleihen aus.
Dezember: Eine vorgezogene Präsidentschaftswahl durch das griechische Parlament scheitert. Für den 25. Jänner wird deshalb eine Neuwahl des Parlaments angesetzt. Der Staat erzielt erstmals wieder einen Primärüberschuss: ohne Einrechnung des Schuldendienstes hat er mehr eingenommen als ausgegeben.
2015
Jänner: Das Linksbündnis Syriza von Alexis Tsipras gewinnt die Wahl mit dem Versprechen, die Sparpolitik zu beenden.
Februar: Das Hilfsprogramm wird bis Ende Juni verlängert. Es beginnt ein monatelanges Tauziehen um weitere Spar- und Reformmaßnahmen.
April: Athens Finanzlage wird kritisch. Öffentliche Einrichtungen und Behörden werden verpflichtet, Finanzreserven an die Zentralbank zu überweisen.
27. Juni: Tsipras kündigt überraschend eine Volksabstimmung über die Bedingungen der Gläubiger für weitere Hilfe an - und ruft sein Volk selbst zur Ablehnung auf.
29. Juni: Die Regierung führt Kapitalverkehrskontrollen ein und schließt Börse und Banken. Bürger können täglich nur noch 60 Euro an Bankautomaten erhalten.
30. Juni: Athen kann eine Kreditrate beim IWF nicht begleichen.
5. Juli: Mehr als 60 Prozent lehnen beim Referendum die Gläubigervorschläge ab. In der Nacht tritt der umstrittene Finanzminister Giannis Varoufakis auf Tsipras' Drängen zurück.
9. Juli: Athen reicht wenige Stunden vor Ablauf eines Ultimatums der Eurozone Reformvorschläge ein, in denen die meisten Gläubiger-Forderungen doch akzeptiert werden.
13. Juli: Ein Euro-Sondergipfel gibt grünes Licht für Verhandlungen über ein drittes Rettungspaket, nachdem Tsipras die Umsetzung von verschärften Forderungen verspricht.
14. August: Das griechische Parlament verabschiedet das Gläubiger-Programm für neue Kredite von bis zu 86 Milliarden Euro. Zwölf Stunden später geben die Euro-Finanzminister grünes Licht.
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