Tsipras’ gut betuchte Marxisten

Alexis Tsipras lächelt in einem Sessel.
In der radikalen Syriza-Partei tummeln sich einige "linke Aristokraten" mit viel Geld.

Stellt man sich den typischen Marxisten als jemanden vor, der auf Materielles keinen Wert legt, dann würde man ihn in manchen der prominentesten griechischen Syriza-Politiker nicht erkennen. Einige von ihnen kommen aus recht wohlhabenden Häusern, andere haben sich aus eigener Kraft hochgearbeitet.

Zwei Männer mit Jacken und Rucksäcken lachen im Freien.
Greek Finance Minister Yanis Varoufakis and head negotiator with Greece's lenders Euclid Tsakalotos (L) arrive at Prime Minister Alexis Tsipras' office in Athens, Greece, in this June 28, 2015 file photo. Tsakalotos will be sworn in as finance minister on July 6, 2015 after the resignation of Yanis Varoufakis, a Greek presidency source said. REUTERS/Marko Djurica/Files
Das Paradebeispiel dafür: Ex-FinanzministerYanis Varoufakis. In der Syriza-Regierung wurde er schnell zum Medienstar – als cooler Typ mit glatt rasiertem Kopf, schwarzer Lederjacke, dunklen Hemden, die er nur ungern in die Hose steckt, und flotten Sprüchen. "Meine Ansichten über die Welt von heute sind durch Karl Marx geprägt – seit meiner Kindheit bis heute noch", sagte er über sich bei BBC. Der junge Varoufakis habe aber eine schöne Kindheit genossen im Haus von Vater Giorgos Varoufakis, dem Vorstandsvorsitzenden des großen griechischen Stahlproduzenten Halyvourgiki. Yanis hat in Großbritannien studiert und in Australien und den USA unterrichtet. Vor seiner Syriza-Karriere war er an der texanischen Universität Austin tätig. Dazu hat Varoufakis gut geheiratet. Seine zweite Gattin Danae Stratou kommt aus einer der ältesten und reichsten griechischen Familien, die ihr Kapital der Baumwollindustrie verdankt. Deren beider Appartement mit Dachterrassen-Blick auf die Akropolis wurde durch Homestory-Bilder in einem Magazin berühmt.

"Sir" Tsakalotos

Es war aber ein anderer Syriza-Politiker, für den die griechischen Medien den Begriff "linker Aristokrat" prägten – Euklid Tsakalotos, der vor Kurzem Varoufakis als Finanzminister abgelöst hat. Nichts an seinem Äußeren spricht über seine Herkunft. Er zeigt sich oft in zerknitterten, locker hängenden Sakkos und hat eine gutmütige, oft erschöpfte Miene. 1960 wurde er in Rotterdam in die Familie von Stefanos Tsakalotos, einem angesehenen Bauingenieur in der Schifffahrtsindustrie, geboren. Einige Jahre später zog er mit den Eltern nach London und besuchte dort die berühmte St. Paul – dieselbe Schule, in die auch der jetzige britische Finanzminister George Osborne gegangen ist. Sein elegantes, an die gehobene britische Klasse erinnerndes Englisch holte sich "Sir" Tsakalotos an der Elite-Uni Oxford.

Sprache der Eliten

Seine Syriza-Parteigenossen finden es toll, dass er die feine Sprache der politischen und Finanz-Eliten beherrscht. Viele sehen ihn als die geheime Waffe der griechischen radikalen Linken. Doch sorgt er daheim auch für Kontroversen. Seine schottische Frau Heather Gibson ist Direktorin und Beraterin bei der griechischen Notenbank. Beide sollen zwei Wohnungen in der noblen Athener Wohngegend Kifisia, ein Büro in der Stadt und ein Ferienhaus im Nordwesten Griechenlands besitzen.

Nahaufnahme eines Mannes mit grauem Haar und Bart, der spricht.
epa04674215 A picture made available on 22 March 2015 of Greek Alternate Minister for Administrative Reform, George Katrougalos commenting on a news report published in Greek daily 'To Vima on Saturday', during a press conference in Athens, Greece, 21 March 2015. George Katrougalos attributed a media report accusing him of taking advantage of his post to rehire clients he had when he worked as a lawyer to efforts to undermine the work of the government. According to a news report published in Greek daily 'To Vima on Saturday', Katrougalos, who worked as a lawyer for a private firm before he was elected in the last national elections, signed just before the elections private agreements with civil servants who had been laid off or suspended by the previous government. These agreements stipulated that he would receive a 12 percent commission of the gross amount which would be awarded to them by courts if they won the case. EPA/SIMELA PANTZARTZI
Der neue Arbeits- und Sozialminister Giorgos Katrougalos hat sich seinen Wohlstand durch harte juristische Arbeit verdient – manchmal angeblich mit Mitteln, die gar nicht im Sinne der radikalen Linken sind. Der 52-jährige Professor des öffentlichen Rechts machte im Frühjahr Schlagzeilen: Im vergangenen Jahr hatte er als Anwalt den Fall von 20 entlassenen Sicherheitsbediensteten an öffentlichen Schulen übernommen. Griechische Medien berichteten, dass er als Honorar zwölf Prozent ihrer Gehälter verlangt haben soll, sollte er beim Gericht ihre Wiedereinstellung erreichen. Nach dem Wahlsieg von Syriza wurde Katrougalos zunächst Vizeinnenminister mit Zuständigkeit für Verwaltungsreformen.

Geld aus Hotelverkauf

Unklarheit herrscht um die Finanzen der ehemaligen Vizefinanzministerin Nadia Valavani. Sie trat vor einer Woche aus Protest gegen das geplante dritte Abkommen mit den internationalen Gläubigern von ihrem Posten zurück. Kurz darauf wurde aber bekannt, dass ihre Mutter Aliki kurz vor Einführung der Kapitalkontrollen 200.000 Euro von ihrem Konto behoben hatte. Man vermutete, sie habe geheime Informationen über die bevorstehende Bankensperre von der Tochter erhalten. Sie soll auch Druck auf den Filialleiter einer Bank auf Kreta ausgeübt haben, damit die Mutter das Geld rasch bekommt.

Laut griechischen Medien soll sie auch im Jahr 2011 in Erklärungsnot geraten sein. In ihrer Vermögensaufstellung als Syriza-Abgeordnete soll sie Einlagen in britischen Banken für etwa 360.000 Pfund und dazu etwa 450.000 Euro angegeben haben. Das Geld stamme aus dem Verkauf eines Hotels, das sie von ihrem Vater geerbt habe, erklärte sie damals auf Fragen aus anderen Parteien.

"Das Problem bei diesen Politikern ist nicht, dass sie Geld oder Bankkonten im Ausland haben. Es ist ein Problem, dass gerade einige von denen über die Einführung der Drachme sprechen, während sie ihr Geld im Ausland aufbewahren. Das ist Heuchelei", sagt der Medienbeobachter George Tzogopoulos.

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