Neue Gespräche auf allen Ebenen

Tsipras stärkt Varoufakis den Rücken. Schäubles Ministerium ist "frustriert".

Die Gespräche zwischen EU und Griechenland gehen auf allen Ebenen weiter. Nach der informellen Eurogruppe vom Wochenende in Riga, bei der neuerlich kein Fortschritt zwischen Athen und dem Rest der Währungsunion erzielt werden konnte, ist für Montagnachmittag eine Telefonkonferenz der sogenannten "Brüssel-Gruppe" vorgesehen. Weiter ausständig ist eine Vereinbarung auf eine umfassende Reformliste, die wiederum die Voraussetzung für die Geldgeber für die Freigabe von 7,2 Mrd. Euro ist, die bisher blockiert sind. Die Stimmung war zuletzt auf dem Tiefpunkt. Angesichts der weiterhin hinhaltenden Taktik des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis sei Klartext gesprochen worden. Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling hatte erklärt, es sei "keine Rücksicht mehr auf diplomatische Floskeln" genommen worden.

Die Ablehnung gegenüber Varoufakis hatte auch wieder Gerüchte um seine mögliche Ablöse ausgelöst. Ministerpräsident Alexis Tsipras steht aber Regierungskreisen zufolge weiter hinter seinem Minister.

Spiegel Online veröffentlichte am Montag ein Interview mit Griechenland Präsident Prokopis Pavlopoulos, indem er die Rückzahlung aller Schulden Griechenlands versprach. Er schloss gleichzeitig einen Austritt aus der Eurozone aus. Pavlopoulos übte auch Kritik an den bisherigen Sparprogrammen, die das Land mit den Euro-Partnern und dem IWF im Gegenzug für deren Hilfsmilliarden vereinbart hatte. "Ein Teil der uns auferlegten Maßnahmen ist nicht durch EU-Recht gedeckt", sagte Pavlopoulos. Man verlange lediglich, genauso behandelt zu werden wie andere Länder: "Wir wollen ein gleichberechtigtes Mitglied Europas sein."

Schäuble-Ressort ist "frustriert"

Der Sprecher des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble hat nun die Regierung in Athen eindringlich aufgefordert, die von der Eurogruppe dringlichst erwarteten Reformvorschläge rasch vorzulegen. "Wir warten auf Vorschläge, wir warten seit Wochen", sagte der Sprecher am Montag in Berlin. "Das ist einigermaßen frustrierend." Es gebe nach wie vor "zu wenig Substanz" in den Gesprächen Athens mit den Geldgeber-Institutionen. Ein baldiges Sondertreffen der Eurogruppe schloss der Sprecher Schäubles daher aus. "Ich wüsste nicht, was diese Eurogruppe dann zu diskutieren hätte." Was den Prozess und die Inhalte der laufenden Gespräche mit Athen angehe, gebe es "nach wie vor erhebliche Defizite", kritisierte der Sprecher. "Wir sind weit entfernt von einer umfassenden Lösung."

Der Sprecher Schäubles rief die Regierung in Athen dazu auf, nun schnell zu handeln. "Die Zeit wird knapp", sagte er und betonte, dass "der Ball definitiv im Spielfeld der Griechen liegt".

Gespräche über NS-Reparationen

Pavlopoulos will auch eine neue Initiative starten, um eine Lösung um die Forderung nach Reparationen für NS-Verbrechen zu finden. Dafür will er den deutschen Präsident Joachim Gauck treffen. "Ich werde sobald wie möglich Deutschland besuchen", sagte Pavlopoulos.

Gauck hatte sich bei einem Griechenland-Besuch im vergangenen Jahr für deutsche Kriegsverbrechen entschuldigt, jedoch keine Zusagen zu möglichen Reparationen gemacht. Gaucks Äußerungen seien wichtig gewesen, sagte Pavlopoulos. Er glaube jedoch ebenso wie angesehene deutsche Juristen, dass die griechischen Forderungen "juristisch valide sind und wir das Recht haben, sie auf legalem Wege durchzusetzen". Man müsse ein gemeinsames Forum finden, um die Reparationsfrage zu verhandeln - beispielsweise den Internationalen Gerichtshof in Den Haag. "So klären zivilisierte Länder ihre Meinungsverschiedenheiten."

Die Drohungen griechischer Politiker, dass im Reparationsstreit deutscher Staatsbesitz in Griechenland beschlagnahmt werden könnte, wies Pavlopoulos zurück. Eine Pfändung deutschen Eigentums komme nicht infrage. Offen zeigte sich der Präsident für die Möglichkeit, griechische NS-Opfer individuell über eine Stiftung zu entschädigen. "Darüber können wir prinzipiell sprechen."

Kommentare