Griechenland: Druck der Reformgegner auf Tsipras
Mal kündigt man in Athen das Ende der Privatisierungen im Land an, dann heißt es, es wird doch einige geben; mal droht man, eine Flüchtlingswelle nach Europa zu schicken, dann will man das nicht so gemeint haben. Die Regierung der radikalen linken Syriza spricht nicht mit einer Stimme, denn moderate und radikale Teile der Partei ringen miteinander um den Kurs der Regierung. Was vor dem entscheidenden Eurogruppen-Treffen zur griechischen Schuldenkrise kommenden Freitag für Premier Alexis Tsipras wenig günstig ist.
Und dass sich Finanzminister Yanis Varoufakis Ende dieser Woche am Rande der IWF-Tagung in Washington erneut gegen strikte Reformforderungen der internationalen Geldgeber aussprach, kam auch nicht gut. Nach einem Treffen mit Währungsfondschefin Christine Lagarde, in dem der Grieche angeblich um einen Zahlungsaufschub für die Milliardenrückzahlungen gebeten haben soll (siehe "Hürden" links), sagte die IWF-Chefin kühl: Eine Stundung der Kreditrückzahlungen sei nichts, was man in der aktuellen Situation empfehlen könne.
Ungeduldig
Die internationalen Kreditoren Griechenlands werden jedenfalls wegen der unvollständigen Reformvorschläge aus Athen immer ungeduldiger. In Griechenland heißt es immer noch: Pensionsreform und Liberalisierung des Arbeitsmarkts sind die rote Linie, die nicht überschritten wird. Vor allem die Linke Plattform, ein Teil von Syriza, der von Energieminister Panagiotis Lafasanis geführt wird, bunkert sich da ein.
Etwa 30 der insgesamt 149 Syriza-Abgeordneten gehören dieser Linken Plattform an. Sie hält auch vier der elf Sitze im wichtigen Parteiorgan, dem politischen Sekretariat von Syriza. Lafasanis und seine Leute haben sich in der Vergangenheit gegen jegliche Zugeständnisse der Regierung an die Gläubiger gestellt. Beobachter sehen sie als Grund dafür, warum Tsipras die Reformvorschläge bisher nicht zur Abstimmung im Parlament gestellt hat. Es ist auch kaum zu erwarten, dass die Linke Plattform jetzt nachgibt, um weitere Reformen zu billigen.
Eine andere Gruppe innerhalb von Syriza, die Linke Einheit, der der Premier selbst angehört hat, unterstützt Tsipras. Doch hat sie ihn auch mehrmals gemahnt, die linken Ideen nicht der Partei zu opfern.
Auch Parlamentspräsidentin Zoe Konstantinopoulou, die parteiintern als mögliche Herausforderin von Tsipras gilt, hat sich gegen das Abkommen mit der Eurogruppe vom 20. Februar gestellt.
Trotzdem sind derzeit Neuwahlen noch kein Thema in Griechenland. Sehr wohl aber der Aufschub eines möglichen Übereinkommens mit der Eurogruppe. Beim kommenden Treffen in Riga scheint man keine Hoffnung mehr auf eine Lösung zu haben. Man blickt stattdessen auf das nächste Zusammenkommen am 11. Mai. Wenn das Geld bis dahin reicht und die Kreditoren für weitere Verzögerungen überhaupt bereit wären.
Doch Neuwahlen?
"Unter diesen Umständen hat Tsipras künftig zwei Möglichkeiten: Neuwahlen oder eine große Koalition. Entscheidend ist, ob er glaubt, er könnte eine Wahl ohne den radikaleren linken Teil seiner Partei gewinnen", meint Panos Tsakoglou, Wirtschaftsprofessor an der Athener Universität. Sonst hat sich der frühere konservative Premier Antonis Samaras schon bereit erklärt, die Regierung zu unterstützen: "Wenn der Plan ist, Griechenland in der Eurozone zu behalten, wird man unsere Unterstützung haben."
Seit einiger Zeit kursieren in Athen auch Gerüchte über eine mögliche Regierungsumbildung. Es werden keine Namen genannt. Geschehen könnte das schon nach dem Eurozonen-Treffen. Ob Finanzminister Varoufakis dabei auch ersetzt wird, zweifeln viele in Athen an. Man erwartet von ihm eher, dass er selbst bald genug hat und mit großer Theatralik zurücktritt.
Mai Am 12. 5. muss Athen knapp 800 Millionen aus dem ersten Hilfsprogramm an den IWF zurückzahlen. Außerdem werden am 8. bzw. 15. Mai kurzfristige Anleihen ("T-Bills") im Ausmaß von je 1,4 Milliarden Euro fällig – sie werden größtenteils von griechischen Banken gehalten.
Juni Verteilt auf drei Zahlungen ist insgesamt eine Milliarde Euro an den IWF zu leisten. Gut fünf Milliarden an T-Bills sind fällig.
Juli Die aus heutiger Sicht größte Hürde: Am 20. 7. sind 3,4 Milliarden an die EZB zurückzuzahlen.
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