Bürgermeister revoltieren gegen Linkspremier Tsipras
Es ist der erste öffentliche Aufstand gegen die Regierung der griechischen Linkspartei Syriza: Gemeinden weigern sich, einen neuen Regierungserlass zu befolgen, der vorsieht, dass Gemeinden ihre Geldreserven der Nationalbank überweisen. Das haben die Gemeinde- und Regionen-Chefs bei einer Krisensitzung in Athen einstimmig beschlossen. Sie verlangen, die Maßnahme rückgängig zu machen, sonst würden sie vor Gericht ziehen. "Dieser Erlass ist verfassungswidrig", sagte der Gouverneur der Region Zentralgriechenland, Kostas Bakoyannis, zum KURIER.
Davor wolle man aber die Angelegenheit mit Premier Alexis Tsipras besprechen. Bakoyannis gab zu, man habe zwar mit so einer Entscheidung gerechnet, diese sei aber ein Präzedenzfall und verhindere die tägliche Arbeit der Gemeinden. "In unserem Fall geht es um mehr als 50 Millionen Euro, die wir etwa für kranke Menschen und Schülertransporte brauchen", so der Gouverneur. Bakoyannis, Sohn der ehemaligen Außenministerin Dora Bakoyannis von der konservativen Nea Dimokratia, wurde als Unabhängiger auf seinen Posten gewählt.
Ein anderer Unabhängiger, der Athener Bürgermeister Giorgos Kaminis, betonte: "Solche Handlungen deuten auf einen institutionellen Zerfall hin." Kaminis, in New York geborener Verfassungsrechtler, wurde 2010 mit Unterstützung der kleinen Demokratischen Linken Partei gewählt. Der Athener Gemeinderat hat bereits eine Resolution beschlossen, die den Erlass verurteilt.
Bald zahlungsunfähig?
Der Bürgermeister von Thessaloniki, Giannis Boutaris, klagte, die Gemeinden hätten bereits jetzt Probleme mit den Lieferanten, da diese befürchteten, dass die Kommunen bald nicht mehr zahlungsfähig sein könnten.
Die Syriza-Gouverneurin der bevölkerungsreichsten griechischen Region Attika, in der sich auch Athen befindet, Rena Dourou, zeigte sich dagegen entspannt und meinte, der Erlass schade den Gemeinden nicht. "Die Überweisung von Geldern der Gemeinden und Regionen an die Zentralbank ist nicht illegal", schrieb sie in einem eMail an den KURIER. "Es ist eine Frage des nationalen Interesses, und jeder verantwortungsvolle griechische Bürger versteht das, außer die Oppositionsparteien."
Laut dem Regierungserlass werden nicht nur Gemeinden zur Kassa gebeten. Etwa 1500 staatliche Einrichtungen sind verpflichtet, ihre Geldreserven wegen "extrem dringlichen und unvorhergesehenen Bedürfnissen" des Staates an die Nationalbank zu überweisen. Darunter sind auch Schulen, Universitäten, Spitäler, Bibliotheken, Häfen und Kulturzentren.
Premier Tsipras griff zu dieser drastischen Maßnahme, weil dem Land das Geld ausgeht. Fast drei Milliarden Euro braucht es im Mai für Gehälter, Pensionen und die nächste Schuldenzahlung an den IWF. Aus den Anlagen der griechischen Gemeinden erhofft man sich etwa 2,23 Milliarden Euro. Dazu noch knapp 300 Millionen Euro aus Reserven der staatlichen Spitäler.
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