Griechen "sehr im Leben eingeschränkt"

Eine gute und eine schlechte Nachricht brachte die neue Woche den Griechen: Nach drei Wochen Bankensperre machten die Geldinstitute am Montag auf. Gleichzeitig wurde die Mehrwertsteuer für viele Lebensmittel und Dienstleistungen – wie von den internationalen Gläubigern verlangt – um zehn Prozentpunkte angehoben.
"Die Kapitalkontrollen und Einschränkungen bei Barabhebungen bleiben, aber wir haben eine neue Phase begonnen, die hoffentlich zur Normalität führt", sagte die Chefin des Griechischen Bankenvereins, Louka Katseli. Laut deutschen Bank-Analysten bleiben die Geldkontrollen aber vermutlich noch bis Ende des Jahres.
Für die Griechen ändert sich wenig: Griechische Kontoinhaber dürfen jetzt ihr tägliches Limit von 60 Euro für die ganze Woche am Schalter auf einmal beheben – insgesamt 420 Euro. Außerdem können sie wieder Schecks einreichen, haben wieder Zugang zu ihren Bankfächern und können endlich die offenen Rechnungen für etwa Strom oder Wasser und auch die Steuer zahlen.
"Die Frist für die Steuer war abgelaufen, während die Banken geschlossen waren. Deshalb bin ich heute Früh gleich zur Bank", sagte die ältere Dame Kiki Haidemenos zum KURIER. Seit 9.30 Uhr habe sie vor einer Filiale der National Bank in Athen gewartet, gegen Mittag kam sie dann endlich dran. Kiki, eine Hausfrau, sei gekommen, um die Steuerrechnung eines Familienmitgliedes zu bezahlen. Zur Bankenöffnung meinte sie: "Ich bin erleichtert."
Maria, eine Frau mittleren Alters, kam aus einer Filiale der Piräus Bank immer noch mit ihren Bankkarten in der Hand. Vom Bankomat habe sie kein Geld bekommen, obwohl sie genug auf dem Konto habe, also musste sie zum Schalter. "Das ist alles doch sehr primitiv", meint Maria, selbst einmal Bankangestellte, jetzt Frührentnerin. "Auch wenn die Banken offen sind, ist noch keine Lösung da. Wir haben so etwas (wie die Bankensperre, Anm.) noch nie erlebt. Man ist doch sehr in seinem Leben eingeschränkt", meint sie.
Höhere Mehrwertsteuer
Die neue Mehrwertsteuer-Erhöhung von 13 Prozent auf 23 Prozent wird die Griechen viel schlimmer treffen. Es werde sie im Durchschnitt etwa 1500 Euro im Jahr kosten, berichten griechischen Medien. Rindfleisch, Zucker, Salz, Essig, Mais- und Sonnenblumenöl, auch Kaugummis sind unter den Lebensmitteln, die teurer geworden sind. Teurer geworden sind auch Restaurants – wegen der höheren Mehrwertsteuer. Nicht alle haben sie aber gleich am Montag eingeführt, fand der KURIER heraus. In einer Taverne im Athener Zentrum hat man die Souvlaki – die Schweinefleischspieße – nach wie vor um 1,40 Euro das Stück angeboten, mit einer 13-prozentigen Mehrwertsteuer. Man wisse noch nicht, wann und ob man den Steuersatz anheben würde, hieß es aus der Küche.
Andere Unternehmer waren fleißiger bei den Veränderungen. Touristen in Athen sind mit Zetteln unter ihren Hotelzimmertüren aufgewacht, auf denen die neuen höheren Preise für die Gastronomie erklärt waren. Dienstleistungen wie Taxis, Flugtickets und Fahrkarten für die Fähren sind ebenfalls um zehn Prozentpunkte gestiegen. Eintrittskarten für Kinos und Konzerte sowie Behandlungen in Privatspitälern auch.
Hotels ab Oktober teurer
Die Übernachtungen in Hotels werden erst ab Oktober teurer. Künftig werde man dafür statt 6,5 Prozent eine 13-Prozent-Mehrwertsteuer verrechnen müssen. In zwei Monaten verlieren auch die Ägäischen Inseln ihre 30-prozentige Steuerermäßigung. Auf den zwei "Luxusinseln" Mykonos und Santorini passiert das aber schon ab sofort.
Am Montag hat das hoch verschuldete Griechenland nach dem Empfang von gut sieben Mrd. Euro aus dem EU-Rettungstopf umgehend fällige Schulden bei den internationalen Gläubigern beglichen. Lazt dpa zahlte Athen der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) mehr als sechs Mrd. Euro zurück.
Ex Vizefinanzministerin Nadia Valavani ist wütend auf die griechische Tageszeitung Proto Thema – wegen eines Berichts über ihre Mutter: Nur vier Tage vor Einführung der Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland soll die 85-jährige Aliki Valavani 200.000 Euro von ihrem Konto abgehoben haben. "Das sind meine Ersparnisse. Ich hatte Angst um sie und brachte sie nachhause", soll die Mutter zu Proto Thema gesagt haben. Laut Zeitung habe sie vermutlich über die kommende Bankensperre gewusst. Nadia Valavani, gerade zurückgetretene Vizefinanzministerin, soll in einem Telefonat Druck auf den Filialleiter ausgeübt haben, das Geld sofort auszuzahlen.
In einem Brief an Proto Thema dementierte Nadia Valavani den "exklusiven" Bericht. Die Mutter habe das Geld etwa 11 Tage vor der Bankenschließung geholt. Davor habe sie die Abhebung von 100.000 Euro beantragt und problemlos bewilligt bekommen.
Es sei auch nicht wahr, dass Nadia Valavani aus Angst vor einem Skandal gekündigt habe. "Ich erkläre nochmals, dass ich aus politischen Gründen zurückgetreten bin", sagte die frühere Vizefinanzministerin. Vergangene Woche verließ sie ihren Posten aus Protest gegen das neue Abkommen mit den Gläubigern.
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