Giftaffäre: Gift soll aus russischem Schichany gekommen sein

Giftaffäre: Gift soll aus russischem Schichany gekommen sein
Kleinere Mengen des Nervengifts wurden in einerMilitärforschungsanlage entdeckt. Der Kreml weist den Bericht zurück.

Das bei dem Anschlag auf den ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal verwendete Gift stammt einem Bericht zufolge aus einer russischen Militärforschungsanlage in Schichany. Dort seien kleinere Mengen des Nervengifts Nowitschok gelagert worden, berichtete die britische Zeitung The Times am Freitag. Die Einrichtung liegt im Gebiet Saratow an der Wolga.

Geheimdienstinformationen wiesen klar auf Schichani hin, sagte der britische Chemiewaffen-Experte Hamish de Bretton-Gordon der Zeitung. Die dort gelagerten Mengen seien ausreichend für Attentate, aber zu gering für militärische Einsätze gewesen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass das Gift aus anderen Laboratorien der früheren Sowjetunion stamme, etwa aus der Ukraine oder aus Usbekistan.

"Dieses Labor war nie Teil unserer Arbeit"

Der Kreml wies den Bericht zurück. "Alle Standorte, an denen Chemiewaffen gelagert wurden, sind bekannt. Schichani gehört nicht dazu", sagte Michail Babitsch, der Kremlvertreter im Föderationskreis Wolga, der Agentur Interfax. "Dieses Labor war nie Teil unserer Arbeit", betonte Babitsch.

In Schichani befindet sich eine Filiale des Forschungsinstituts Gosniiocht. Nach eigener Darstellung befasst sich die Einrichtung mit Sicherheitsfragen im Chemiebereich und hatte Technologien zur Vernichtung von C-Waffen entwickelt. Schichani mit rund 6000 Einwohnern liegt etwa 800 Kilometer südöstlich von Moskau.

Zerstörung chemischer Waffen

Schichani ist Teil eines Netzwerks sogenannter geschlossener Städte, in denen während der Sowjetära geheime Militärbauten und Forschungseinrichtungen untergebracht waren. Mehrere russische Wissenschafter haben erklärt, Nowitschok sei in Schichani entwickelt worden. Nach Angaben des Forschungsinstituts wird dort heute an der Zerstörung chemischer Waffen und an der "Wahrung der Sicherheit" des Landes gearbeitet. Im September 2017 hatte der russische Präsident Wladimir Putin versichert, Moskau habe seine letzten chemischen Waffen zerstört.

Sergej Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im britischen Salisbury entdeckt worden. Die Tochter meldete sich am Donnerstag erstmals seit dem Attentat öffentlich zu Wort und berichtete von ihren Fortschritten bei der Genesung.

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