Geiselnahme in Mali: 20 Tote - El Kaida bekennt sich

Dschihadisten griffen Luxushotel an. Unklarheit über Zahl der Todesopfer und deren Nationalität.

Bei einem islamistischen Terrorangriff auf das Luxushotel Radisson Blu in Malis Hauptstadt Bamako sind am Freitag mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen. Dies verlautete aus Kreisen der UNO-Mission in Mali. Unter den Toten seien auch zwei Angreifer. Bis zu 170 Menschen waren in der Gewalt der Angreifer gewesen. Zum Anschlag bekannten sich zwei mit dem Terrornetzwerk Al Kaida verbundene Gruppen.

Die Angreifer hatten das Radisson Blu Hotel am Vormittag in ihre Gewalt gebracht. Dem in Brüssel ansässigen Betreiber Rezidor zufolge waren zu dem Zeitpunkt 170 Menschen im Hotel. Malische Sicherheitskräfte begannen am Nachmittag, das Hotel zu stürmen. Sie wurden von US-Spezialeinheiten und französischen Truppen unterstützt. Über Stunden waren immer wieder Schüsse zu hören. Die Terroristen hatten sich im siebenten Stock des Gebäudes verschanzt. Auch nach der Beendigung der Geiselnahme hieß es, dass sich noch Angreifer in den oberen Stockwerken des Hotels versteckt hielten.

Innenminister Salif Traore wollte unter Verweis auf eine Pressekonferenz am Abend zunächst keine abschließenden Angaben zur Zahl der Todesopfer machen. In UNO-Kreisen war von 27 Toten die Rede. Eine belgische Regionalverwaltung erklärte, einer ihrer Beamten sei bei dem Angriff umgekommen. In dem bei Geschäftsleuten und Diplomaten beliebten Hotel mit 190 Zimmern waren auch türkische, indische, chinesische, französische und vier deutsche Staatsbürger. Österreicher waren nach Erkenntnissen des Außenministeriums nicht betroffen.

Geiselnahme in Mali: 20 Tote - El Kaida bekennt sich
epa05034538 A video grabbed image showing Malian policemen guarding in front of the Radisson Blu luxury Hotel, during a hostage taking situation in Bamako, Mali, 20 November 2015. According to news reports, gunmen stormed the Radisson Blu hotel in Mali's capital and took 170 people hostage. At least 87 of the 170 people taken hostage at the luxury hotel stormed by suspected Islamist militants have been freed in the Malian capital Bamako, a government official reported. EPA/AFRICABLE TELEVISION / HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY

El Kaida bekennt sich zu Anschlag

Zur Tat bekannten sich zwei mit dem Terrornetzwerk El Kaida verbundene Gruppen, die Islamisten-Organisation Al-Mourabitoun und die El-Kaida im Islamischen Maghreb (AQIM). In einer von der mauretanischen Nachrichtenseite Al-Akhbar veröffentlichten Erklärung heißt es demnach, Bedingung für die Freilassung der Geiseln in einem Luxushotel sei die Befreiung von Glaubenskämpfern aus Gefängnissen in Bamako.

Nach Angaben aus Sicherheitskreisen gelangten die Angreifer am Vormittag in einem Auto mit Diplomatenkennzeichen auf das Hotelgelände und eröffneten anschließend in der siebenten Etage des Hotelgebäudes das Feuer.

Terroristen ließen Koran-Verse rezitieren

Die islamistischen Angreifer hatten zeitweise 170 Menschen in dem Hotel in ihrer Gewalt, bis Sicherheitskräfte den Komplex stürmten. Die selbsternannten Gotteskrieger hatten mit den Rufen "Allahu Akbar" (Gott ist groß) das Gebäude gestürmt und es offenbar gezielt auf Nicht-Muslime abgesehen. Wer das islamische Glaubensbekenntnis rezitieren konnte, wurde freigelassen, wie ein Polizeibeamter in Bamako sagte. Damit wiederholt sich ein Muster, das schon bei anderen Anschlägen in Afrika zu Tage kam, etwa in Nigeria oder Kenia: Getötet werden sollen vor allem Andersgläubige.

Unklar war die genaue Opferzahl. Nachdem zunächst von mindestens drei Toten die Rede war, berichteten westliche Sicherheitskräfte von 18 Toten. UNO-Soldaten gaben an, sie hätten rund 27 Leichen gesehen. Die Sicherheitskräfte durchkämmten das Gebäude noch. An der Aktion zur Befreiung der Geiseln hatten sich US-Soldaten beteiligt, auf Bitten der malischen Regierung entsandte auch Paris Spezialkräfte aus Burkina Faso nach Mali.

Geiselnahme in Mali: 20 Tote - El Kaida bekennt sich
epa05034680 An injured man is carried from the Radisson Hotel during a hostage situation, Bamako, Mali 20 November 2015. At least 170 people were held hostage in the hotel with initial reports indicating three dead. According to news reports, gunmen stormed the Radisson Blu hotel in Mali's capital and took 170 people hostage. At least 87 of the 170 people taken hostage at the luxury hotel stormed by suspected Islamist militants have been freed in the Malian capital Bamako, a government official reported. EPA/STR

Keine Österreicher betroffen

Eine belgische Regionalverwaltung erklärte, einer ihrer Beamten sei im Radisson ums Leben gekommen. Unter den zeitweise als Geiseln gehaltenen Menschen waren auch Deutsche, Türken, Inder und Chinesen. Österreicher waren nach Angaben des Wiener Außenamts nicht betroffen. In Mali, für das eine Reisewarnung gilt, befinden sich auch sieben österreichische Soldaten als Mitglieder einer EU-Trainingsmission. "Den Österreichern geht es gut, ihr Stützpunkt befindet sich rund 2,5 Kilometer vom Anschlagsort entfernt", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums Michael Bauer.

Die EUTM hat den malischen Behörden nach dem Anschlag auf das Radisson-Hotel Hilfe angeboten.

Das Radisson ist bei Diplomaten und Geschäftsleuten beliebt und zum Beispiel auch das Hotel für Mitarbeiter der Air France, die nach Bamako kommen. Die Hauptstadt Bamako galt bisher als vergleichsweise sicher.

Reisewarnung

Doch das österreichische Außenministerium warnt nicht erst seit der blutigen Geiselnahme am heutigen Freitag von allen Reisen in das westafrikanische Bürgerkriegsland ab. Das Ministerium geht von etwa 25 Österreichern in Mali aus.

"Es wird vor allen Reisen nach Mali gewarnt. Allen Österreichern wird die Ausreise empfohlen", ist in den Reisehinweisen des Außenministeriums zu lesen. Dennoch dürften sich etwa 25 Österreicher in dem afrikanischen Staat aufhalten, sagte Außenamtssprecher Thomas Schnöll der APA am Freitagabend auf Anfrage. Dazu zählen auch die sieben österreichischen Mitglieder der EU-Trainingsmission in Mali (EUTM), aber auch Mitarbeiter internationaler Organisationen. Mit den meisten Österreichern sei die zuständige Botschaft (jene in der senegalesischen Hauptstadt Dakar) im Kontakt, sie hätten sich dort registriert.

Allerdings macht das Außenministerium in seinen Reisehinweisen klar, dass es in Not geratenen Österreichern in Mali "wenn überhaupt, nur in sehr eingeschränktem Umfang konsularische Hilfestellung leisten" könne. Die zuständige Botschaft Dakar sei nämlich für neun Staaten zuständig, das Honorarkonsulat in Mali sei geschlossen.

Angriff auf ein Hotel im August

Islamistische Attentäter hatten bereits im August ein Hotel in Sevare angegriffen. Dabei starben 13 Menschen, darunter fünf UNO-Mitarbeiter. In Mali hatten mit dem Terrornetz Al-Kaida verbündete Islamisten und separatistische Tuareg große Gebiete im Norden des Landes erobert, bevor sie 2013 mit Hilfe französischer Truppen wieder zurückgedrängt wurden. Derzeit läuft ein internationaler Einsatz zur Stabilisierung Malis. Die UNO-Mission, an der sich ab Februar auch Österreich beteiligen will, hat momentan rund 9.000 Soldaten und 1.000 Polizisten in dem westafrikanischen Land stationiert.

Bis zum Militärputsch vor drei Jahren galt Mali als einer der wenigen demokratischen Musterstaaten in Afrika. Seit damals lassen radikale Islamisten und separatistische Tuareg-Rebellen das Land aber nicht mehr zur Ruhe kommen. Gleichzeitig kämpfen die Menschen ums tägliche Überleben, denn Mali gehört zu den ärmsten Ländern weltweit. 60 Prozent des westafrikanischen Landes sind von Wüste bedeckt.

Von 1992 bis 2012 hatte in Mali ein Mehrparteiensystem mit friedlichen Machtwechseln nach Wahlen geherrscht. Aus Unzufriedenheit mit der Politik der Regierung gegenüber den Tuareg-Separatisten im Norden des Landes stürzte das Militär im März 2012 Amadou Toumani Toure. In der Folge verdrängen islamistische Gruppen die Tuareg und übernehmen die Kontrolle über den Norden des Landes. Erst durch das massive militärische Eingreifen der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich können sie im Jahr darauf wieder zurückgedrängt wurden.

UN-Truppe

Eine internationale UNO-Truppe zur Stabilisierung Malis (MINUSMA) von knapp 12.000 Soldaten und Polizisten versucht seit 2013, das westafrikanische Land wieder zu stabilisieren. An einer parallelen EU-Ausbildungsmission für die malische Armee (EUTM) beteiligen sich auch derzeit sieben Österreicher. Vom Anschlag auf das Hotel in Bamako sind sie nicht betroffen.

Anfang Mai schloss die Regierung des im August 2013 gewählten Präsidenten Ibrahim Boubacar Keita ein Friedensabkommen mit mehreren Rebellengruppen. Der Vertrag soll dem Norden Malis mehr Autonomie geben. Die Aufständischen verpflichten sich im Gegenzug, die Regierung in Bamako anzuerkennen. Die wichtigste Rebellengruppe der Tuareg, die separatistische "Koordination der Bewegungen des Azawad" (CMA), boykottierte den Vertrag jedoch. Der Nordosten Malis ist auch einer der wichtigsten Transit-Korridore für Flüchtlinge aus Westafrika auf dem Weg nach Europa.

Mali mit seinen rund 15 Millionen Einwohnern gehört dem Human Development Index (HDI), dem Index für menschliche Entwicklung, zufolge zu den ärmsten Ländern der Welt (2013: Rang 176 von 187). Die durchschnittliche Lebenserwartung in Mali liegt der Weltbank zufolge bei knapp 55 Jahren. Zum Vergleich: In Österreich liegt sie bei 81 Jahren. Fast drei Viertel der Erwachsenen können nicht lesen und schreiben, die Korruption und dass enorme Bevölkerungswachstum - jährlich rund drei Prozent - bremsen die Entwicklung des Landes zusätzlich.

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