Gefechte in Libyen: Italien bangt um Migrationsabkommen

Gefechte in Libyen: Italien bangt um Migrationsabkommen
50.000 Migranten sind laut Medienangaben zur Abfahrt in Richtung Italien bereit.

Mehr als eine Woche nach Beginn der Kämpfe rivalisierender Milizen in und um Libyens Hauptstadt Tripolis wächst in Italien die Sorge vor schwerer politischer Instabilität im nordafrikanischen Krisenland, was die Abkommen in Sachen Migrationsbekämpfung auf den Kopf stellen könnte. Italien bangt vor allem um die Kontrollen durch die libysche Küstenwache.

Die italienischen Diplomaten vor Ort befürchten, dass Schlepper die instabile Lage ausnutzen könnten, um wieder mehr Migranten übers Meer nach Italien zu treiben. Laut der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Dienstagsausgabe) warten rund 50.000 Migranten auf die Abfahrt nach Italien. Hunderte Menschen seien in diesen Unruhetagen aus libyschen Haftzentren geflohen. Unter ihnen könnten sich auch islamische Fundamentalisten befinden, die versuchen könnten, nach Europa zu gelangen, berichtete das Blatt.

Botschaft in Tripolis bleibt offen

Während der letzten libyschen Krise im Juni 2017 waren binnen 36 Stunden 12.500 Migranten auf 25 Schiffen in Italien eingetroffen. Daraufhin hatte die damalige Regierung von Ministerpräsident Paolo Gentiloni beschlossen, Abkommen mit den Bürgermeistern der verschiedenen libyschen Städten abzuschließen, um die Migrationswelle in Grenzen zu halten.

Italiens Botschaft in Tripolis bleibt währenddessen offen. Die italienische Regierung hat Medienberichte dementiert, laut denen sie die Entsendung von Spezialeinheiten nach Libyen plane. "Italien verfolgt weiterhin mit Aufmerksamkeit die Entwicklungen in Libyen", hieß es in einem Schreiben des italienischen Kabinetts am Montag. Etwa 350 italienische Militärs sind seit Jänner, im Rahmen einer bilateralen Mission zur Unterstützung der libyschen Behörden im Kampf gegen illegale Einwanderung und Terrorismus, engagiert. Die Hälfte der Soldaten schützt ein Feldkrankenhaus in der libyschen Stadt Misurata.

Salvini: "Protagonist der Stabilisierung"

Der italienische Innenminister und Vizepremier Matteo Salvini macht jedenfalls Frankreich für die Gewalt in Libyen verantwortlich. "Ich fürchte, dass jemand aus wirtschaftlichen Interessen die Stabilität in Nordafrika gefährden könnte", betonte Salvini am Dienstag in Anspielung auf Frankreich.

"Militäreingriffe lösen nichts, das sollte jeder begreifen. Ich denke, dass hinter dieser Gewaltwelle in Libyen jemand steckt, der bereits einen Krieg geführt hat, den man hätte nicht führen sollen. Jemand, der die Demokratie aus wirtschaftlichen Interessen zu exportieren versucht hat, was nie funktioniert", sagte Salvini.

"Italien muss ein Protagonist bei der Stabilisierung im Mittelmeerraum sein. Die Eingriffe anderer Länder, die wirtschaftliche Interessen hegen, dürfen nicht über das allgemeine Wohl, den Frieden, überwiegen. Ich bin bereit, Risiken einzugehen und bald nach Libyen zurückzukehren", twitterte Salvini, Chef der rechten Lega und scharfer Kritiker des französischen Präsidenten Emmanuel Macron.

Ähnlicher Ansicht ist die italienische Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta, die der populistischen Fünf Sterne-Bewegung angehört. "Libyen befindet sich in dieser Lage, weil jemand 2011 den eigenen Interessen gegenüber jener der Libyer und Europas den Vorrang gegeben hat", so Trenta in Anspielung auf Frankreich.

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