Gefängnis für Ungarns Obdachlose
Die rund 110 Männer im Obdachlosenzug des Malteser Hilfswerkes auf einem Abstellgleis des Budapester Westbahnhofes können ruhig schlafen. Sie haben in den acht Waggons - zwar auf engem Raum - ein Dach über dem Kopf und brauchen keine Angst zu haben vor den Folgen des am Montagabend im Budapester Parlament verabschiedeten Rahmengesetzes. Denn dieses Gesetz verbannt Obdachlose von Straßen und Plätzen, erteilt Gemeinden das Recht der Schaffung „obdachloser Zonen“.
Wer nicht pariert, dem drohen verpflichtende Arbeit für das Gemeinwohl, Geldstrafen und letztlich Gefängnis. Laut den oppositionellen Sozialisten (MSZ) beginnt damit die „Jagd auf die Obdachlosen“. Die Opposition bezeichnet die neue Regelung als eine „Kriegserklärung gegen Obdachlose und Arme“ und erinnert daran, dass es in Obdachlosenheimen nicht genug Plätze gebe. Das Verfassungsgericht hatte bereits 2012 erklärt, Obdachlosigkeit sei keine Straftat.
„Stadt des Todes“
Die linke und liberale Opposition rief Staatspräsident Janos Ader auf, sein Veto gegen das Gesetz einzulegen. Die Budapester Zivilorganisation „Die Stadt gehört allen“ hatte am Montagabend gegen die neue Rechtsregel und die „Kriminalisierung" der Obdachlosigkeit demonstriert und die Hauptstadt als „Stadt des Todes“ bezeichneten. Demonstranten forderten „Ein warmes Zuhause und keinen Knast“.
Mit 240 Ja-, 45 Nein-Stimmen und 37 Stimmenthaltungen entschieden die Abgeordneten im Hohen Haus an der Donau laut Medien über das Schicksal der Menschen ohne Dach über dem Kopf. Außer der Drohung mit Geldstrafe und Gefängnis dürfen Obdachlose nun auch keine Hütten mehr bauen, um den Winter zu überleben, sie dürfen sich nicht mehr in jenen Zonen sehen lassen, die vor allem von Touristen besucht werden. Die Zahl der Obdachlosen wird in Ungarn auf 30.000 bis 50.000 geschätzt - bei rund 10.000 Plätzen in Obdachlosenheimen.
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