G20: Schattenbanken sollen reguliert werden

US-Präsident Obama ist in St. Petersburg eingetroffen. Neben Wirtschaftsthemen wird es auch um Syrien gehen.

Zum achten Mal treffen sich Donnerstag und Freitag die Staats- und Regierungschefs aus 20 Industrie- und Schwellenländern. Austragungsort für den G20-Gipfel ist St. Petersburg. Als Kongresszentrum dient der Konstantinpalast.

Eigentlich stehen Wirtschaftsthemen auf der Agenda. Der Kampf gegen Steueroasen - außerdem die Regulierung der sogenannten "Schattenbanken": Geldmarktfonds und Hedgefonds verwalten laut Schätzungen bis zu 50 Billionen Euro. In den USA machen Schattenbanken mehr als ein Drittel des Finanzsystems aus. Geplant ist außerdem ein "St.-Petersburg-Aktionsplan". Für den Nachmittag ist die erste Arbeitssitzung geplant.

China mahnt

China hat zum Auftakt bereits ein deutliches Signal an die USA gesandt: Peking mahnte Washington und die US-Notenbank Fed, beim angekündigten Zurückfahren der gigantischen Dollar-Schwemme, mit der seit der Krise die Finanzmärkte geflutet werden, die Folgen für die Schwellenländer zu beachten. Zuletzt hatte bereits eine Kapitalflucht aus Indien, Brasilien und anderen Schwellenländern eingesetzt. Selbst der IWF warnt vor großen Turbulenzen. Offen ist, ob sich die USA im Rahmen des Gipfels zu einem vorsichtigen Vorgehen verpflichten werden.

Putin trifft auf Obama

Doch das große Interesse gilt international dem Aufeinandertreffen von Barack Obama und Wladimir Putin. Beide verbreiteten bereits vor dem Gipfel schlechte Stimmung. Putin und Obama sind nicht zuletzt durch Snowden und Syrien entzweit. Kurz vor dem G-20-Gipfel sprach sich Obama außerdem demonstrativ für die rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben aus. In St. Petersburg will er homosexuelle Aktivisten treffen. Für die Bewegung ist das ein wichtiges Zeichen, für Russlands Staatsoberhaupt Putin ein Affront.

Militäreinsatz in Syrien

Obama will in St. Petersburg für einen Militäreinsatz gegen Syrien werben. Das könnte mit Putin als Gastgeber schwierig werden: Der russische Präsident hat Heimvorteil. Er kontrolliert Optik wie Logistik des Treffens der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.

Und Putin leistet massiven Widerstand gegen eine Militäraktion. Der russische Präsident bezeichnete noch vor dem Gipfel US-Außenminister John Kerry als Lügner, was den Bürgerkrieg in Syrien betrifft: "Er lügt. Er weiß dass er lügt. Das ist schade", sagte Putin.

Er hatte im Vorfeld erklärt, er würde sehr gerne mit Obama unter vier Augen sprechen. Doch diesen Wunsch wird ihm Obama nach wohl nicht erfüllen - auch wenn es eigentlich zum guten Gipfelton gehört, dass der US-Präsident dem Gastgeber eine Privataudienz gewährt. Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon ist ebenfalls in St. Petersburg, um auf die Einbindung des Uno-Sicherheitsrats zu pochen.

90 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung

Zum Club der G20 zählen neben den großen Industrieländern (G 7) USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan Staaten wie China, Brasilien und Indien. Sie stehen zusammen für fast 90 Prozent der Wirtschaftsleistung weltweit und für rund zwei Drittel der Weltbevölkerung.

Offiziell steht das Thema Syrien nicht einmal auf der Tagesordnung, und doch wird es das Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer dominieren. Militärschlag gegen das Damaszener Regime unter Machthaber Bashar al-Assad – ja oder nein? Diese Frage wird ab Donnerstag in der russischen Hafenstadt St. Petersburg entschieden.

Einen Tag vor Beginn des „Kriegsrates“ hatte der Gastgeber, Russlands Präsident Wladimir Putin, erstmals vage Andeutungen gemacht, von seinem syrischen Verbündeten abzurücken. Wenn „überzeugende Beweise“ vorgelegt werden könnten, dass das Assad-Regime für den Giftgas-Angriff vom 21. August verantwortlich zu machen sei, schließe Moskau nicht einmal eine Militär-Intervention aus. Allerdings ist bei vielen die Skepsis groß, dass der russische Vertreter im UN-Sicherheitsrat einer derartigen Resolution zustimmen wird. Bisher hatte Moskau im mächtigsten UN-Gremium alle schärferen Syrien-Initiativen per Veto blockiert.

Auch der Papst hat große Skepsis signalisiert: In einem Brief an Kremlchef Putin - er hat derzeit den Vorsitz der G-20 inne - warnte der Pontifex vor einem militärischen Eingreifen in Syrien. Es sei ein "aussichtsloses Unterfangen", eine militärische Lösung des Syrien-Konflikts zu versuchen, heißt es in dem zu Beginn des Gipfels veröffentlichten Schreiben.

Vorentscheidung in den USA

Ein lächelnder Barack Obama winkt in die Kamera.
U.S. President Barack Obama waves upon his arrival at Arlanda Airport with the Swedish flag and the guard of honour in the background in Stockholm September 4, 2013. REUTERS/Erik Martensson/Scanpix Sweden (SWEDEN - Tags: POLITICS) SWEDEN OUT. NO COMMERCIAL OR EDITORIAL SALES IN SWEDEN. THIS IMAGE HAS BEEN SUPPLIED BY A THIRD PARTY. IT IS DISTRIBUTED, EXACTLY AS RECEIVED BY REUTERS, AS A SERVICE TO CLIENTS
Indes zeigen die Bemühungen von US-Präsident Barack Obama, die Kongress-Abgeordneten zu einer Autorisierung des von ihm am vergangenen Wochenende angepeilten Militärschlages gegen Syrien Wirkung. „Ich unterstütze diese Aktion“, sagte der Vorsitzende des Repräsentantenhauses John Boehner von den oppositionellen Republikanern, „und ich glaube, dass meine Kollegen das auch tun sollten.“ Damit scheint eine Vorentscheidung gefallen zu sei. Zumal sich auch der Außenpolitische Ausschuss im Senat, wo Obamas Demokraten die Mehrheit stellen, am Mittwoch mit knapper Mehrheit für eine auf 60 Tage befristete Militär-Intervention in Syrien aussprach.

„Erkauft“ wurde diese sich abzeichnende Billigung einerseits durch das intensive Engagement von Regierungsvertretern. So standen Außenminister John Kerry, seine Kabinettskollege Chuck Hagel (Verteidigung) und Generalstabschef Martin Dempsey dem Senatsausschuss dreieinhalb Stunde lang gemeinsam Rede und Antwort: „Das ist nicht die Zeit, um Zaungast bei einem Massaker zu sein“, argumentierte Kerry. Wenn die USA den Einsatz von Chemiewaffen nicht ahndeten, „würden wir die Büchse der Pandora öffnen“ und an Staaten wie den Iran oder Nordkorea ein fatales Signal senden.

Andererseits kam das Weiße Haus den republikanischen Abgeordneten entgegen: Hatte Obama ursprünglich von zwei- bis dreitägigen Operationen gesprochen, ist jetzt von zwei, eventuell drei Monaten die Rede. Also keine kurze Strafaktion mehr gegen Assad, sondern ein massiver Eingriff in den Bürgerkrieg, letztlich mit dem Ziel, das Regime zu stürzen. Dies hatte die Opposition schon länger gefordert.

Grünes Licht

Damit werden die Teilnehmer des G-20-Gipfels, darunter alle fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat, auf einen gestärkten und selbstbewusst auftretenden US-Präsidenten treffen. Gelingt es ihm vor dem Hintergrund der politisch wie militärisch aufgebauten Drohkulisse, Putin von seiner „Njet“-Haltung vis-á-vis Syrien doch noch abzubringen, wofür wenig spricht, könnte ein Militärschlag abgewendet werden. Andernfalls wird der US-Kongress kommende Woche grünes Licht für den Angriff geben.

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