G-20: Cobra und Wega "an vorderster Front"

215 Beamte aus Österreich unterstützten die deutsche Kollegen vergangene Woche in Hamburg. Fünf wurden leicht verletzt. Wega-Chef: "Bürgerkriegsähnliche Szenarien"

215 Polizisten aus Österreich haben vergangene Woche ihre deutschen Kollegen beim G-20-Gipfel in Hamburg unterstützt und sie waren dabei mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen konfrontiert. Auf die Beamten wurde mit Stahlkugeln und Pflastersteinen geschossen, berichtete Ernst Albrecht, Kommandant der Sondereinheit Wega, am Dienstag bei einem Pressegespräch in Wien. Fünf wurden leicht verletzt.

Einsatz basiert auf Abkommen mit Deutschland

Geholt hat man die österreichischen Polizisten auf Basis des 2003 abgeschlossenen "Deutsch-Österreichischen-Polizei- und Justizvertrages" sowie des "Prümer Vertrages" aus dem Jahr 2005. Insgesamt kamen 215 nach Hamburg, darunter waren 74 Polizisten der Wega und 20 Beamte des Einsatzkommandos Cobra. Letztere etwa waren am Flughafen sowie im Schanzenviertel eingesetzt. Die Wega war ab 3. Juli bei Kontrollmaßnahmen und bei der Räumung im Schanzenviertel eingesetzt.

"Mir fällt kein anderer Begriff als bürgerkriegsähnliche Szenarien ein"

G-20: Cobra und Wega "an vorderster Front"
Interview mit Oberst Ernst Albrecht, Kommandant der Sondereinheit WEGA, in seinem Büro in der Rossauer Kaserne. Wien, 08.07.2016
Zum Schlafen kamen sie dabei kaum. "Ab 6. waren wir an vorderster Front bei der als problematisch eingestuften Demo", erklärte Albrecht mit Verweis auch auf die "Welcome to Hell"-Demo. Die Räumung des Schanzenviertels etwa dauerte bis 4 Uhr Früh, man blieb bis 7. im Einsatz ohne einer Minute Schlaf. "Der 7. war der schlimmste Tag", es habe Brandstiftung und Plünderungen gegeben. Die Angriffe auf die Einsatzkräfte seien massiv geworden.

Albrecht schildert etwa, dass auf Dächern Betonplatten zum Runterwerfen vorbereitet worden seien, auch von Molotow-Cocktails war die Rede. Die Kollegen der Cobra mussten daher die Hausdächer sichern. Was das Werfen von Pflastersteinen betrifft, habe man "eine neue Qualität" erreicht, denn hinter Barrikaden seien Steine für Werfer vorbereitet worden: "Da wurde arbeitsteilig vorgegangen", berichtet Albrecht weiter. "Mir fällt kein anderer Begriff als bürgerkriegsähnliche Szenarien ein", so der Wega-Kommandant.

"Das war ein sehr schwieriger Einsatz", aus dem man aber auch viel an Erfahrung mitgenommen habe, resümierte er. Durch Angriffe seien etwa Funkgeräte zerstört worden, man will daher auch wieder mit Handzeichen untereinander kommunizieren, nannte Albrecht ein Beispiel. Laut seinen Angaben habe das halbe Kontingent Blessuren wie Prellungen und Schürfwunden erlitten, auch ein Treffer auf den Kopf wurde verzeichnet. Fünf Polizisten der Wega wurden bei dem Einsatz leicht verletzt.

"Das ist Gewalt um der Gewalt Willen"

Cobra-Direktor Bernhard Treibenreif ist auch Präsident von Atlas, einem internationalen Netzwerk für Spezialeinheiten. Dass bei großen Demos Sondereinsatzkräfte zum Einsatz kommen, sei nicht üblich, hier sei es jedoch um den Beschuss von Fahrzeugen und Brandstiftung gegangen. Auch gibt er zu bedenken, dass etwa Stahlkugeln Schutzbekleidung durchdringen können: "Das hat eine Qualität, die hat nichts mehr mit einer normalen Demo zu tun. Das ist Gewalt um der Gewalt Willen." Insgesamt sei ein gewaltiger Aufwand betrieben worden, die Stäbe müssen daher entsprechend hochgefahren werden bei derartigen Großeinsätzen, zog Treibenreif Bilanz.

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bedankte sich bei den Polizeieinheiten für ihre Arbeit. Der Einsatz habe gezeigt, dass die Ausbildung der österreichischen Polizisten hervorragend ist, hier werde man daher weiter Top-Maßstäbe anlegen und immer wieder nachjustieren. Der Mannschaftsstand soll auch nach 2018 weiter ausgebaut werden, um die Bedürfnisse der Basis und der Spezialeinheiten abzudecken.

Sobotka meinte, linksextremistischer "fast Terror" sei lange Zeit negiert worden. Aber: "Es kann nie sein, dass uns Linksextreme vorschreiben, wo wir Veranstaltungen abhalten." Der Minister betonte weiters: "Es geht nicht um die Frage des Verschärfens. Die Polizei macht ihre Arbeit nicht aus Jux und Tollerei, sondern um den Staat als Ganzes zu beschützen." Widerstand gegen die Staatsgewalt sei daher als Verbrechen und nicht als Kavaliersdelikt einzustufen. Der Ressortchef pochte außerdem auf weitere Änderungen im Versammlungsrecht, kündigte für Donnerstag einen Initiativantrag an und geht davon aus, dass dies "in guter Form" verabschiedet werden kann.

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