Flüchtlingsrettungsschiff "Aquarius" beendet Einsatz

Die "Aquarius" liegt derzeit im französischen Marseille vor Anker
Die Hilfsorganisationen sprechen von einer gezielten Kampagne gegen das Rettungsschiff. Salvini ist zufrieden.

Das Flüchtlingsrettungsschiff "Aquarius" beendet seinen Einsatz. Die Betreiber des Schiffes - Ärzte ohne Grenzen (MSF) und SOS Mediterranee - sprachen von gezielten politischen Angriffen gegen den Hilfseinsatz. Italiens Innenminister Matteo Salvini begrüßte die Entscheidung. Amnesty International dagegen sprach von einer "traurigen Nachricht".

"Gezielte Kampagne gegen die Rettung von verzweifelten Menschen"

"Was wir in den vergangenen Monaten erlebt haben, war eine gezielte Kampagne gegen die Rettung von verzweifelten Menschen auf dem Mittelmeer, angeführt von Italien und unterstützt von anderen EU-Staaten wie Österreich", erklärte Ärzte ohne Grenzen am Freitag in einer Aussendung. Es sei nicht davor zurückgeschreckt worden, humanitäre Helfer "auf eine Stufe mit Kriminellen zu stellen und unbegründete Anschuldigungen über unsere Teams zu verbreiten, wie dies Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz gemacht hat", kritisierte die Geschäftsführerin der Ärzte ohne Grenzen Österreich, Laura Leyser, am Freitag in einer Aussendung.

Auch SOS Mediterrane teilte mit: Der Entscheidung sei "eine Reihe von gezielten politischen Angriffen auf die lebensrettende Arbeit der Hilfsorganisation" vorausgegangen. "Die Einstellung des Betriebs der 'Aquarius' war eine äußerst schwierige Entscheidung", erklärte am Donnerstag Geschäftsführer Frederic Penard. Der Schritt solle aber ermöglichen, den "Einsatz auf See so schnell wie möglich wieder aufzunehmen". SOS Mediterranee bemühe sich bereits um ein neues Schiff.

Flagge entzogen

Die "Aquarius" liegt derzeit in Marseille vor Anker. Panama hatte dem Rettungsschiff auf Betreiben Italiens die Flagge entzogen. Diese Woche hatte auch die Schweiz dem Schiff verweigert, unter seiner Flagge auszulaufen. Zuletzt warfen italienische Behörden der NGO vor, illegal Müll in Italien entsorgt zu haben, und drohten mit der Beschlagnahmung des Schiffs. Die italienische Regierung hat die Häfen des Landes für Seenotretter weitgehend dicht gemacht.

Kurz: NGOs "konterkarieren" Europas Ziele

Bundeskanzler Kurz hatte sich kritisch zu den Einsätzen von Seenotrettern geäußert. "Es kann doch nicht sein, dass ein paar Nichtregierungsorganisationen das klare Ziel der 28 Staats- und Regierungschefs in Europa konterkarieren. Und das nicht nur mit dem Ziel, Leben zu retten, sondern gemeinsam mit den Schleppern Menschen nach Mitteleuropa zu bringen", hatte er etwa im Oktober gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" erklärt. Schiffe wie die "Aquarius" versuchten, der libyschen Küstenwache beim Bergen von Migranten zuvorzukommen. Das schaffe absurde Situationen, so Kurz.

Italiens Innenminister Matteo Salvini zeigte sich mit dem Ende der Mission der "Aquarius" zufrieden. "Weniger Migrantenabfahrten, weniger Landungen und weniger Tote. Weiter so", schrieb Salvini auf Facebook am Freitag. Amnesty Österreich dagegen bedauerte den Schritt. "Regierungen sollten sich an engagierten Menschen ein Beispiel nehmen, anstatt gegen sie zu hetzen."

2018: Mehr als 2.130 Menschen ertrunken

Mehr als 2.130 Menschen sind 2018 im Mittelmeer ertrunken. Der Großteil von ihnen ist von Libyen aus in See gestochen. Heuer seien mehr als 14.000 Menschen abgefangen und in das Krisenland zurückgebracht worden. Das Ende des Rettungseinsatzes werde zur Folge haben, "dass mehr Menschen ertrinken werden, ohne Hilfe und Zeugen", erklärte MSF.

Seit Beginn ihrer Such- und Rettungseinsätze im Februar 2016 hat die "Aquarius" nach eigenen Angaben fast 30.000 Menschen aus internationalen Gewässern zwischen Libyen, Italien und Malta gerettet. Die "Aquarius" beendete den letzten Einsatz am 4. Oktober, als das Schiff im Hafen von Marseille eingelaufen ist, nachdem das Team 58 Menschen gerettet hatte. Gemeinsam haben alle Such- und Rettungsschiffe von Ärzte ohne Grenzen, die bisher im Einsatz waren, seit 2015 über 80.000 Menschen in Seenot gerettet.

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