Schwarz, grün, & blau: Die Sieger der Wahl
Es ist aller Voraussicht nach das historisch beste Ergebnis für die Grünen – und bei der ÖVP herrscht angesichts des drohenden Verlusts des ersten Platzes großes Aufatmen: Schwarz und Grün sind laut der ersten Hochrechnung die beiden großen Gewinner der heutigen Europawahl.
VP-Spitzenkandidat Karas wird sich das wohl gern auf die eigenen Fahnen heften: Dass die VP trotz Hypo und Sparkurs den ersten Platz halten und nur leichte Verluste hinnehmen musste, hat sie mit ziemlicher Sicherheit ihrem Europa-Streitross zu verdanken. Der 56-Jährige führte einen Wahlkampf, der weniger auf die VP verwies denn auf seine eigene Arbeit: "OK" für Othmar Karas war auf den Plakaten zu lesen, keine Volkspartei weit und breit.
Spröde und distanziert - aber sachlich klug
Der 56-Jährige hat zu seiner politischen Heimat schon seit geraumer Zeit ein distanziertes Verhältnis. Seit 1999 sitzt der Niederösterreicher im EU-Parlament; zur Parteispitze – in Person Michael Spindeleggers, der ja auch aus demselben Bundesland stammt – hat er wenig Verbundenheit. Karas, der als selbstbewusst, zugleich aber auch spröde gilt – etwas, was in den TV-Debatten nur zu oft zu sehen war, in der Vergangenheit oft nicht ausreichend geschätzt. Dass man ihm bei der vergangenen Wahl Ernst Strasser vor die Nase setzte, war ein Zeichen dafür.
Dass Karas daraufhin mit einem Vorzugsstimmen-Wahlkampf fast 113.000 Personen zu einem Kreuz hinter seinem Namen motivieren konnte, ist seinem unermüdlichen Einsatz zu verdanken. Delegationsleiter wurde Karas dennoch nicht; erst nach Strassers unrühmlichem Abgang war es soweit. Seither ist Karas die unumstrittene Nummer 1 der ÖVP-Mandatare und als einer der 14 Vizepräsidenten des Parlaments auch außerhalb des österreichischen Dunstkreises eine größere Nummer – etwas, was ihm bei der jetzigen Wahl durchaus zugute kam. Ob ihm jetzt auch höhere Weihen beschieden sein werden, wird sich weisen: Gut gefallen soll ihm angeblich der Gedanke, EU-Kommissar zu werden. Auch Ambitionen, wie sein Schwiegervater Kurt Waldheim in die Hofburg einzuziehen, werden ihm nachgesagt.
Drei Mandate für die Grünen
Den anderen großen Erfolg des Wahlabends feiern die Grünen: "Das historisch beste Ergebnis der Grünen bei Bundeswahlen", nannte es Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner. Denn wie es aussieht, könnte es der Öko-Partei gelingen, ein dritten Mandat zu erreichen – neben Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek und dem zweitgereihten Michel Reimon würde somit auch Monika Vana aus Wien ins EU-Parlament einziehen.
Ulrike Lunacek sei eine hervorragende Spitzenkandidatin gewesen, auch mit dem Listenzweiten Michel Reimon habe man punkten können, und Bundessprecherin Eva Glawischnig habe im Wahlkampf vermittelt, dass Europa ein gemeinsames Anliegen sei, so Wallner. Erfreulich sei auch, dass die Grünen in allen Bundesländern und quer durch alle Gruppierungen die gemeinsame Wahlkampagne umgesetzt hätten: Die setzte hauptsächlich auf grüne Kernthemen – man warb mit biologischem Obst und auch mit der Angst vor der geraden Gurke – die EU als Moloch der Bürokratie kam auch bei den Grünen vor.
Wohlfühl-Kampagne statt Schlammschlacht
Lunacek als Spitzenkandidatin war weniger präsent als ihr Konkurrent Karas: Die Listenerste setze diesmal auf einen "Wohlfühlwahlkampf", war sie doch beim vergangenen Urnengang auf Konfrontationskurs mit dem von der Parteibasis ausgebooteten Johannes Voggenhuber gegangen. Die diesjährige Performace war nicht von Friktion geprägt: Lunacek ließ auch ihre direkte NEOS-Konkurrentin Angelika Mlinar mit sachlicher Argumentation hinter sich.
Auch das Vorzugsstimmen-Duell zwischen dem zweitgereihten Michel Reimon und Madeleine Petrovic, die deutlich weiter hinten zu finden war, konnte Lunacek einigermaßen entspannt aus der Ferne beobachten: Die bekennende Lesbe wird vermutlich Vizepräsidentin der Grünen Fraktion im Europaparlament bleiben.
FP nutzte Protestpotential
Zu den großen Gewinnern dieses Urnenganges kann sich auch die FP zählen. Die Freiheitlichen legen demnach um rund 7,3 Prozentpunkte zu und kommen auf gut 20 Prozent - für FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl naturgemäß ein "großartiger Erfolg". Es zeige, dass die FPÖ die einzige Partei sei, "die ein dynamisches Wachstum hinlegen konnte", sagte er in einer ersten Reaktion vor Journalisten. Künftig haben die Blauen vermutlich nicht mehr nur zwei Sitze, sondern vier im EU-Parlament.
Die FPÖ sei "der einzige wirkliche Wahlgewinner" und habe das Wahlziel nicht nur erreicht, sondern sogar überboten. "Die personelle Aufstellung mit Spitzenkandidat Harald Vilimsky war richtig", der Rückzug von Andreas Mölzer "in Ordnung", so Kickls zufriedenes Resümee. Dass der Rückzug des einstigen EU-Zugpferdes nicht mehr Auswirkungen zeigte, überrascht nur wenig - schließlich setzten die Blauen durch die Bank nicht auf den Spitzenkandidaten, sondern auf Protest. Und das Gesicht ihres starken Mannes - HC Strache.
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