Junge Menschen schätzen die EU, gehen aber seltener zur Wahl

Ein Klimaprotest in Deutschland am 31. Mai 2024
Junge Menschen sind proeuropäischer eingestellt als ältere Mitbürger. Sie legen auch einen deutlich größeren Wert darauf, Bürgerrechte zu schützen und den Klimawandel zu bekämpfen.

Bei der Europawahl am Sonntag, 9. Juni, dürfen in mehreren EU-Ländern junge Menschen ab 16 Jahren erstmals ihre Stimme abgeben. Es wird erwartet, dass viele Erstwählerinnen und Erstwähler die Gelegenheit nutzen und von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen werden. Insgesamt scheint die Wahlbereitschaft junger Menschen in Europa allerdings hinter der der älteren Bevölkerung zurückzubleiben. Das geht aus neuen Daten von „eupinions“, dem europäischen Meinungsforschungsinstrument der Bertelsmann Stiftung, hervor. So äußern EU-weit 59 Prozent der Befragten im Alter von 16 bis 25 Jahren die Absicht, bei der Wahl zum EU-Parlament ihre Stimme abgeben zu wollen. 24 Prozent sind noch unentschlossen. Von den Befragten zwischen 26 und 69 Jahren dagegen geben 65 Prozent an, zur Wahl zu gehen. Hier haben sich 22 Prozent noch nicht entschieden.

Die geringere Motivation ist insofern überraschend, da junge Menschen grundsätzlich proeuropäischer eingestellt sind als ihre älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Frage, ob sie bei einem Referendum für den Verbleib ihres Landes in der EU stimmen würden, bejahen EU-weit 78 Prozent der 16- bis 25-Jährigen. Bei den älteren Befragten sind es nur 65 Prozent. Außerdem scheinen jüngere Befragte zufriedener mit der Art und Weise zu sein, wie die Demokratie in der Europäischen Union funktioniert (69 zu 55 Prozent).

EU "selbstverständlich"

„Viele junge Menschen nehmen die EU für selbstverständlich, unterschätzen aber auch ihren eigenen Gestaltungsspielraum. Damit ihre Prioritäten in der EU-Politik eine Rolle spielen, ist es entscheidend, dass sie sich einbringen – indem sie wählen, an Abgeordnete schreiben und sich in Parteien und der Zivilgesellschaft engagieren“, erklären Anne Meisiek und Etienne Höra, Projektmanagerinnen bei der Bertelsmann Stiftung.

Eine ausgeprägte Protesthaltung junger Menschen gibt es zumindest in Deutschland im Vorfeld der Europawahl nicht. Nach ihren Beweggründen für die Stimmabgabe bei der EU-Wahl befragt, geben nur 23 Prozent an, damit ihre Missbilligung der aktuellen Politik ausdrücken zu wollen. Von den 26- bis 69-Jährigen dagegen ordnen sich 30 Prozent dem Lager der Protestwähler zu. Die größte Motivation für jüngere wie ältere Wähler stellt die Unterstützung der politischen Partei dar, der sie sich verbunden fühlen. Jeweils jeder zweite Befragte äußert sich entsprechend.

Was im Vergleich mit den älteren Generationen auffällt: Junge Menschen halten bestimmte Politikfelder für bedeutender. Zwar sehen es beide Gruppen als die wichtigste Aufgabe der EU an, den Frieden zu sichern (jeweils zu rund 60 Prozent). Bei anderen Themen klaffen aber zum Teil große Unterschiede. So legen junge Europäerinnen und Europäer einen deutlich größeren Wert darauf, Bürgerrechte zu schützen und den Klimawandel zu bekämpfen. Am gravierendsten weichen die Einstellungen beim Thema Migration voneinander ab: Während knapp die Hälfte der älteren Befragten von der EU erwartet, Zuwanderung besser zu steuern, spielt dies nur für rund ein Viertel der jungen Menschen eine zentrale Rolle.

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