EU verschärft ihren Ton gegenüber Polen

Die robuste Art, mit der die polnische Regierung derzeit die öffentlich-rechtlichen Medien auf Linie bringt, könnte nun rechtliche Konsequenzen aus Brüssel nach sich ziehen. EU-Kommissar Günther Oettinger kündigte gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am Sonntag an, möglicherweise den Rechtsstaatsmechanismus gegen Polen zu aktivieren. Sollte Warschau nicht kooperieren, könnte ein Verfahren wegen Verstoßes gegen die europäischen Grundwerte eröffnet werden.

Die vier leitenden Direktoren des öffentlich-rechtlichen Fernsehens TVP kamen bereits einer Kündigung zuvor und nahmen zum Jahresanfang ihren Hut. Viele Nachrichtensprecher verabschiedeten sich ganz persönlich von ihren Zuschauern, ihre Namen standen schon lange auf der „Abschussliste“ von PiS-Politikern.
Im Polskie Radio 1 wurde aus Protest zu Neujahr jede Stunde die Nationalhymne gespielt, das beliebte Polskie Radio 3 sendete polnische Popsongs der frühen Achtzigerjahre mit politischen Anspielungen – damals war das Land im Kriegszustand, da die Kommunisten die freie Gewerkschaft Solidarnosc in den Untergrund drängten. Eine verklausulierte Botschaft an die älteren Hörer.
Doch ob sich die Politiker der PiS, die sich als die wahren Erben der Solidarnosc-Bewegung begreifen und einen nationalkonservativen Wandel anstreben, derzeit von Protestliedern aus dem Radio oder Protestnoten aus Brüssel beeindrucken lassen, bleibt fraglich. Jaroslaw Kaczynski, der als Parteichef die Strippen zieht, gilt als sehr wenig kompromissbereit. Der rechts orientierte polnische Journalistenverband „SDP“ warf der bisherigen Berichterstattung „pathologische“ Einseitigkeit und Mangel an Pluralismus vor.
„Großes Mediengesetz“
Zwar soll das „Große Mediengesetz“, das bald vorgestellt wird, noch mit der Europäischen Kommission besprochen werden. Doch die Zielrichtung ist klar: „Die öffentlich-rechtlichen Medien haben der Regierung zu dienen“, so die PiS-Abgeordnete Krystyna Pawlowicz in einem Interview mit dem nationalkatholischen Sender Radio Maryja.
Besagte Medien sollen in Zukunft zu „Kulturinstituten“ umgeformt werden, die direkt dem „Ministerium für Kultur und Nationales Erbe“ unterstellt werden.
Dabei scheint Eile geboten. Künftige Macher in den staatlichen Medien, die die PiS als „Nationale Medien“ bezeichnet, werden treue politische Weggefährten sein. So der baldige Chef des staatlichen Fernsehens, Jacek Kurski, seit Kurzem stellvertretender Kulturminister. Vor zehn Jahren wirkte er bereits als Wahlkampfleiter der PiS und nannte sich selbst „der Bullterrier der Kaczynskis“.
Damit kommt es zum Duell der Brüder – denn der ältere, Jaroslaw Kurski, ist eine der wichtigsten Stimmen des liberalen Polen, der Vize-Chefredakteur der Zeitung Gazeta Wyborcza, die in teils kampagnenhafter Weise gegen die Regierung kämpft.
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