Martin Schulz bleibt hart beim Briten-Poker

Das Lächeln nur für die Kameras: Cameron bei Schulz
Cameron-Besuch. Parlamentspräsident gibt "keine Garantie" für Erfüllung der Londoner Extrawünsche.

Eine Stunde ließ der britische Premier David Cameron Dienstagfrüh seine Gesprächspartner im EU-Parlament warten. "Er hat Angst", ätzte Europa-Gegner Nigel Farage, der sich unter die Journalisten mischte und britischen Sendern ein Interview nach dem anderen gab. Der Rechtspopulist hatte nur eine Botschaft: "Die Zeit ist reif, die EU zu verlassen."

Cameron will aber das Gegenteil erreichen. Nach einer Stunde mit Martin Schulz, ließ sich der Tory-Chef nicht mehr blicken, die britische Flagge neben dem Rednerpult wurde eilig entfernt. Cameron raste zu den Chefs der großen Fraktionen sowie zu Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Schulz machte bei einer Pressekonferenz klar, dass er Cameron nicht versichern könne, bei einem Verbleib Großbritanniens in der EU, London alle Wünsche bei künftigen Gesetzesvorhaben zu erfüllen. "Das Parlament tut sein Möglichstes, um den Vorstellungen entgegenzukommen, aber es gibt keine Garantie". In einer Demokratie sei es nicht möglich, dass eine Regierung vom Parlament ein bestimmtes Ergebnis garantiert bekomme.

Die EU-Abgeordneten müssen etlichen Gesetzesvorlagen zustimmen, wenn es um die geplante "Notbremse" geht, mit der Großbritannien Sozialleistungen für neu zuziehende EU-Bürger für bis zu vier Jahre aussetzen will.

Extrawürste

Ob diese "Notbremse" dann auch automatisch für alle anderen EU-Staaten gilt, ist offen. Im Entwurf des Abkommens, das Ratspräsident Donald Tusk mit Cameron vereinbart hat, war es so gedacht. Doch inzwischen gibt es Kritik daran. Der Grund ist simpel: Jedes Land könnte dann für sich Extrawürste verlangen. Die Stimmung vor dem EU-Gipfel, der Donnerstag und Freitag stattfindet, ist angespannt. Cameron braucht ein Abkommen, mit dem er vor die Wähler treten und für ein Ja beim Referendum über Verbleib oder Austritt aus der EU werben kann. Die Spitzen der EU sind für eine weitere Mitgliedschaft Großbritanniens, aber "nicht um jeden Preis", wie es allerorten heißt.

Ob der Gipfel erfolgreich sein wird, weiß niemand. Die Voraussetzungen sind jedenfalls mehr als ungünstig. Schulz, der nie drastische Formulierungen scheut, spricht von einer EU, die "noch nie in einer so dramatischen Lage war wie in dieser Woche". Er wird während der Brexit-Gespräche am Europäschen Rat teilnehmen und am großen Tisch verhandeln.

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