Orban und Cameron gegen Juncker

Viktor Orbán bei einer Veranstaltung mit einer blauen Mappe in der Hand.
Juncker als Chef der Kommission? Für Ungarns Premier ein Bruch der Europäischen Verfassung und seiner Wahlversprechen.

Die EU-Wahlen sind schon längst geschlagen, das politische Tauziehen geht aber munter weiter bzw. eigentlich jetzt erst los: Der britische Premierminister David Cameron hat bei seinem Widerstand gegen die Berufung Jean-Claude Junckers zum EU-Kommissionspräsidenten Rückendeckung von seinem ungarischen Kollegen Victor Orban erhalten. Orban hatte schon zuvor seine Ablehnung gegenüber Juncker bekundet, nun hat er es über die deutsche Bild-Zeitung getan.

"Es wäre ein Verstoß gegen mein Wahlversprechen und ein Bruch der Europäischen Verfassung, wenn ich nun Herrn Juncker nominieren würde. Das würde am Ende die Grundfesten der Europäischen Union zerstören", sagte der rechtskonservative Ministerpräsident, der nichts von einer Einbeziehung der Parteien des EU-Parlaments in die Kandidatenauswahl hält. Dies sei in den europäischen Verträgen so festgelegt: "Die Regierungschefs nominieren den Kandidaten, nicht die Parteien! Und zwar unabhängig davon, wer Spitzenkandidat war", wird Orban zitiert.

Streit um Kommissionspräsidenten

Über die Berufung des früheren luxemburgischen Regierungschefs Juncker zum Nachfolger von Jose Manuel Barroso an der Kommissionsspitze ist nach der Europawahl Ende Mai ein heftiger Streit entbrannt. Juncker war der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), die die Wahl als stärkste Kraft gewann. Im Wahlkampf hatten Juncker und sein größter Konkurrent Martin Schulz von den europäischen Sozialdemokraten verkündet, dass sie als Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten antreten.

Neben Orban wollen vor allem Cameron und die Regierungschefs von Schweden und den Niederlanden, Fredrik Reinfeldt und Mark Rutte, Juncker verhindern. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich nach anfänglichem Zögern hinter den Luxemburger gestellt. Ihre Überredungskünste haben bislang nicht gefruchtet. Auch Österreich ist für Juncker.

Bei dem Streit geht es um ein machtpolitisches Kräftemessen zwischen europäischem Rat - betsehend aus allen Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten - und Parlament. Laut EU-Vertrag müssen die Staats- und Regierungschefs den Kommissionspräsidenten im Lichte des Ergebnisses der Europawahl mit qualifizierter Mehrheit vorschlagen. Einzelne Länder haben also kein Vetorecht. Das EU-Parlament muss dem Vorschlag des Rates dann aber zustimmen.

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