EU-Gipfel in Salzburg: Kein Durchbruch zu Migration erwartet

Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und Polen nicht auf der Tagesordnung, Skripal-Affäre schon.

Beim informellen Gipfeltreffen des EU-Staats- und Regierungschefs am Mittwochabend und Donnerstag in Salzburg wird "kein Durchbruch" bei Migrationsfragen und insbesondere bei den geplanten Flüchtlingsplattformen in Afrika erwartet. Dies betonte ein ranghoher EU-Beamter am Dienstag in Brüssel.

Am Donnerstag will die britische Premierministerin Theresa May dem Gipfel auch über die jüngsten britischen Geheimdiensterkenntnisse zur Skripal-Affäre berichten. Deutschland, Frankreich, Kanada und die USA haben sich unlängst hinter die jüngsten Erkenntnisse der britischen Ermittler zum Giftanschlag auf den russischen Ex-Agenten Sergej Skripal gestellt. London hatte dem russischen Staatschef Wladimir Putin die Verantwortung für den Anschlag zugewiesen, der Kreml bestreitet dies. Österreich hat sich im Gegensatz zu den meisten anderen EU-Staaten nicht an Ausweisungen russischer Diplomaten beteiligt.

Der Gipfel beginnt am Mittwochabend mit einer Debatte zur Migration. "Ich hoffe, dass wir in Salzburg die gegenseitigen Verstimmungen beenden und zu einem konstruktiven Ansatz zurückkehren können", schrieb EU-Ratspräsident Donald Tusk am Dienstag in seinem Einladungsbrief. Tusk will über seinen jüngsten Besuch in Ägypten mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) informieren, einschließlich Möglichkeiten zur künftigen Zusammenarbeit bei der Migration. Heuer seien bisher keine Flüchtlinge aus Ägypten in die EU gelangt, hieß es in Ratskreisen. Außerdem soll Anfang nächsten Jahres ein Gipfel der EU und der Arabischen Liga stattfinden.

Kurz soll in Salzburg über die bilateralen Gespräche der EU-Ratspräsidentschaft mit allen EU-Mitgliedstaaten zur Dublin-Reform informieren. Dabei gebe es keinen Durchbruch. Die EU-Präsidentschaft soll beim regulären EU-Gipfel im Oktober in Brüssel Bericht erstatten. Tusk will die im Juni beschlossene Idee für sogenannte "Anlandeplattformen" für Migranten in Afrika noch nicht aufgeben, hieß es. Es gebe immer noch Raum für Gespräche mit Drittstaaten. Bisher hat sich kein Land für solche Flüchtlingszentren bereit erklärt. Italien soll in Salzburg eigene Lösungsvorschläge für den Umgang mit Bootsflüchtlingen vorlegen, Inhalte sind noch nicht bekannt.

Zur Vorbereitung des Gipfels trifft Tusk am heutigen Dienstag noch den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris. Frankreich gilt als skeptisch bezüglich eines Brexit-Sondergipfels im November. Der Gipfel dürfte aber bereits beschlossene Sache sein. Die EU-Staats- und Regierungschefs werden in Salzburg über die Möglichkeit eines solchen Sondergipfels im November beraten, kündigte Tusk in seinem Einladungsbrief an. "Leider ist ein No Deal Szenario noch immer möglich. Aber wenn wir alle verantwortlich handeln, können wir eine Katastrophe verhindern", schrieb Tusk.

Damit verschiebt sich die angepeilte Einigung zwischen der EU und Großbritannien über den Austrittsvertrag von Oktober auf November. Zusätzlich zu dem Vertrag muss auch eine politische Erklärung über die künftigen Beziehungen verabschiedet werden. In Salzburg wollen die Staats- und Regierungschefs der verbleibenden 27 Staaten klären, wie detailliert sie dies bereits jetzt festschreiben wollen. Für den Salzburg-Gipfel sind keine schriftlichen Abschlusserklärungen vorgesehen, weder zu Migration noch zu Brexit. Beim Gipfel im Oktober müsse es ein Papier zum Brexit geben, hieß es. Die EU will neuerlich betonen, dass es ohne Lösung der Irland-Grenzfrage keinen Brexit-Austrittsvertrag geben wird. Auch der EU-Brexit-Verhandler Michel Barnier nimmt am Gipfel in Salzburg teil. Es gebe keine Meinungsverschiedenheiten zwischen Tusk und Barnier, wurde im Vorfeld betont.

Tusk will am morgigen Mittwoch vor dem Gipfel noch mit Kurz zusammenkommen. Eine Pressekonferenz von Tusk, Kurz und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ist erst zum Abschluss gegen 15.00 Uhr am Donnerstag vorgesehen.

Mit keinem Wort soll übrigens beim Gipfel die Rechtstaatlichkeit in Ungarn oder Polen angesprochen werden. Am Dienstag hieß es, die österreichische EU-Ratspräsidentschaft sei diesbezüglich in einem "Dilemma", wie sie weiter damit umgehen solle. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban wird allerdings zum vorbereitenden EVP-Treffen in Salzburg erwartet.

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