Mogherini appelliert an Österreich "keine Mauern zu errichten"
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini hat an Österreich in Sachen Flüchtlingspolitik appelliert, "keine Mauern zu errichten". Bei einem Besuch auf der italienischen Insel Lampedusa rief Mogherini die Österreicher auf, ihre Offenheit und Aufnahmebereitschaft gegenüber den Flüchtlingen zu zeigen, wie sie dies im vergangenen Sommer bewiesen hatten.
Mogherini, die auf Lampedusa das Flüchtlingslager besuchte und Bürgermeisterin Giusy Nicolini traf, äußerte die Hoffnung, dass die österreichische Regierung ihre Position in der Flüchtlingspolitik samt geplanter Grenzmaßnahmen zu den südlichen Nachbarn überdenken werde, berichteten italienische Medien.
Die Präsidentin der an Kärnten grenzenden italienischen Region Friaul-Julisch Venetien, Debora Serracchiani, bekräftigte unterdessen ihren Appell gegen eine mögliche Grenzschließung. "Wir müssen aus der Erfahrung der Vergangenheit lernen und nicht dieselben Fehler wiederholen. Vor der Verzweiflung der Flüchtlinge hält keine Mauer lang. Ein geteiltes Europa wäre noch unsicherer", so Serracchiani.
"EU-Länder können sich eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen nicht erlauben"
"Die EU-Länder, die sich wirtschaftlich auf den freien Personen-und Warenverkehr stützen, können sich eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen nicht erlauben. Österreich soll Dialogbereitschaft zeigen und sich nicht abriegeln. Ich hoffe, dass die österreichische Regierung begreift, welche Verantwortung sie auf sich nimmt, sollte sie die Sperre einer Binnengrenze der Union beschließen", so Serracchiani.
Ähnlich sieht die Lage Daniel Alfreider, Abgeordneter im italienischen Parlament von der Südtiroler Volkspartei (SVP): "Das Schengener Abkommen sieht effektiv die Möglichkeit vor, die Binnengrenzen für eine beschränkte Zeit aus Gründen der internen Sicherheit zu schließen. Diese Sonderregelung wird für Österreich jedoch mit Mitte Mai abgelaufen sein, und um diese zu verlängern, ist die Zustimmung der EU–Kommission erforderlich. Ich hoffe sehr, dass nicht weiterhin Alleingänge beschritten werden, sondern eher endlich gemeinsame Lösungen gefunden werden", so Alfreider.
Zur Verringerung des Flüchtlingsstroms will Italien der EU einen umfangreichen, gemeinsamen Plan für die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlinge vorlegen. Dieser sieht u.a. die Einführung von EU-Afrika-Anleihen vor, mit denen die EU in Infrastrukturprojekte in Afrika investieren soll, hieß es in Rom.
Ferner soll der Einstieg afrikanischer Länder in die Finanzmärkte erleichtert werden, was von der Europäischen Investitionsbank (EIB) gefördert werden soll, so der Vorschlag, den Ministerpräsident Matteo Renzi EU-Ratspräsident Donald Tusk vorlegen will. Zudem sollen Wege zur legalen Einwanderung nach Europa geschaffen werden: Mit Aufnahmestrukturen an Ort und Stelle soll bereits in Afrika geklärt werden, welche Menschen Recht auf Asyl in der EU haben könnten.
Afrikanische Länder sollen als Gegenleistung mit der EU in punkto Sicherheit und Bekämpfung der Kriminalität sowie der Schlepperbanden zusammenarbeiten. Zugleich sollen nach dem Willen der italienischen Regierung gemeinsame Initiativen zur Grenzsicherung entwickelt werden. Mit afrikanischen Ländern sollen verstärkt Abkommen zur Rückführung illegal in die EU eingereister Migranten abgeschlossen werden.
"Migration Compact" heißt der Plan, den Italien kommende Woche in Brüssel erläutern will. Damit hofft Rom, unter anderem eine Schließung der Grenzen zu Österreich, wie von der Bundesregierung in Aussicht genommen, abzuwenden, sollte es zu "unkontrollierten Flüchtlingsströmen" kommen, wie Innenministerin Johanna Mikl Leitner (ÖVP) bei ihrem Besuch in Rom vergangene Woche klargemacht hatte.
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