Estland will nach Luftraumverletzung NATO-Beratungen nach Artikel 4

Zusammenfassung
- Drei russische MiG-31-Kampfjets drangen für zwölf Minuten unerlaubt in den estnischen Luftraum ein, Estland protestierte offiziell.
- Es handelt sich um den fünften derartigen Vorfall in diesem Jahr, zuletzt waren auch russische Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen.
- Estlands Außenminister fordert angesichts zunehmender russischer Aggressivität eine rasche Verschärfung des politischen und wirtschaftlichen Drucks auf Russland.
Nach dem Eindringen von drei russischen Kampfflugzeugen in den estnischen Luftraum hat der baltische Staat Konsultationen nach Artikel 4 des NATO-Vertrages mit den Verbündeten beantragt. Dies habe seine Regierung aufgrund der "vollkommen inakzeptablen Verletzung" des Luftraums beschlossen, schrieb Estlands Regierungschef Kristen Michal am Freitagabend auf X. Russische Kampfjets näherten sich indes laut polnischem Grenzschutz im Tiefflug einer polnischen Bohrinsel.
Der Artikel 4 des NATO-Vertrages sieht Konsultationen der Bündnispartner vor, wenn ein Mitgliedsland seine Sicherheit bedroht sieht. Zuvor hatte Estland die Verletzung seines Luftraums durch Russland gemeldet. Nach Armeeangaben waren drei Kampfjets vom Typ MIG-31 am Freitag nahe der Ostsee-Insel Vaindloo unerlaubt in den Luftraum eingedrungen und hätten sich insgesamt zwölf Minuten darin aufgehalten. Die NATO reagierte sofort, Kampfjets der italienischen Luftwaffe fingen die russischen Flugzeuge ab.
Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen unterdessen bei ihrem Treffen am 1. Oktober in Kopenhagen über eine "kollektive Antwort" auf die Verletzung des europäischen Luftraums durch Russland beraten. Das kündigte EU-Ratspräsident Antonio Costa an. Die Verletzung des estnischen Luftraums durch drei russische Militärflugzeuge sei "eine weitere inakzeptable Provokation", schrieb Costa auf X. Der Vorfall unterstreiche die Notwendigkeit, die Ostflanke zu verstärken, die europäische Verteidigungszusammenarbeit zu vertiefen und den Druck auf Russland zu erhöhen.
Drei Kampfjets vom Typ MIG-31 registriert
Estland hatte zuvor die Verletzung seines Luftraums durch Russland gemeldet. Nach Armeeangaben waren drei Kampfjets vom Typ MIG-31 in der Früh nahe der Ostsee-Insel Vaindloo unerlaubt in den Luftraum eingedrungen und hatten sich insgesamt zwölf Minuten darin aufgehalten. "Eine solche Verletzung ist völlig inakzeptabel, und die Reaktion der NATO auf jede Provokation muss einheitlich und entschieden sein", sagte Michal.
Eine NATO-Sprecherin bestätigte den Vorfall auf X. Die NATO habe sofort reagiert und die russischen Flugzeuge abgefangen. Nach estnischen Angaben waren dabei F-35-Kampfjets der italienischen Luftwaffe im Einsatz. "Die Lage war unter Kontrolle. NATO-Kampfflugzeuge reagierten, und die russischen Flugzeuge mussten sich zurückziehen", sagte Michal.
Die an Russland grenzenden Länder Estland, Lettland und Litauen besitzen keine eigenen Kampfjets. Die NATO-Verbündeten sichern deshalb im Wechsel den baltischen Luftraum.
NATO: Beratungen Anfang kommender Woche
Die NATO bestätigte den Antrag Estlands auf Beratungen nach Artikel 4. Eine NATO-Sprecherin erklärte, der Nordatlantik-Rat werde Anfang kommender Woche zusammentreten, um im Detail über den Vorfall zu beraten.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij verurteilte die Verletzung des estnischen Luftraums als inakzeptabel. Russlands Maßnahmen zur Destabilisierung weiteten sich damit auf neue Länder aus, schrieb Selenskij auf Telegram. Dies erfordere entschlossene Reaktionen, sowohl gemeinsam als auch von einzelnen Ländern.
Russische Kampfjets über polnischer Ölplattform
Die Kampfflugzeuge hätten die Bohrplattform Petrobaltic in einer Flughöhe von 150 Metern angeflogen, schrieb die Sprecherin des polnischen Innenministeriums später auf X. Dabei sei die Sicherheitszone über der Plattform verletzt worden, teilte Grenzschutz auf X mit. "Die polnischen Streitkräfte und andere Dienste wurden benachrichtigt." Zur Verletzung der Staatsgrenze kam es nicht, sagte eine Sprecherin der Behörde dem Sender TVN24.
Die Öl-Plattform, die dem polnischen Konzern Orlen Petrobaltic gehört, befindet sich in der polnischen Wirtschaftszone der Ostsee, etwa 70 km nördlich von Jastarnia.
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