Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof

Proteste: Ein Kind, eingewickelt in eine Decke, soll die beschwerliche und gefährliche Flucht der Menschen symbolisieren.
Zunächst keine Sonderzüge mehr aus Ungarn. Italien verschärft Grenzkontrollen. Orban will Hilfe von der EU.

Hunderte Flüchtlinge haben am Mittwochmorgen bei Protesten vor dem Budapester Ostbahnhof die Weiterreise nach Österreich und Deutschland gefordert. Mehr als 2000 Migranten skandierten Rufe wie "Freiheit, Freiheit!" und verlangten, in die Züge gelassen zu werden. Unter den Wartenden waren zahlreiche Familien mit Kindern. Die Behörden verwehren den Flüchtlingen den Zutritt zum Bahnhof. Budapest plant derzeit ein Zeltlager, eine schnelle Lösung ist aber trotz untragbarer Zustände nicht in Sicht.

Angesichts der Lage in seinem Land kommt der ungarische Regierungschef Viktor Orban am Donnerstag nach Brüssel, um für Hilfe in der Migrationskrise zu bitten. Er wird mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz und danach mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zusammentreffen. Ungarn möchte laut Kommission eine Nothilfe von acht Millionen Euro erhalten, um ankommende Flüchtlinge zu versorgen.

Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof
Migrants wait outside the Eastern railway station in Budapest, Hungary, September 2, 2015. Hundreds of migrants protested in front of Budapest's Eastern railway station on Wednesday, shouting "Freedom, freedom" and demanding to be let onto trains bound for Germany but the station remained closed to them. More than 2,000 migrants, including families with children, were waiting in the square at the station in sweltering heat. REUTERS/Laszlo Balogh

Die Behörden hatten am Montag überraschend tausenden Migranten erlaubt, in Züge Richtung Österreich und Deutschland zu steigen, am Dienstagvormittag aber den Bahnhof für alle Reisende ohne gültiges EU-Visum gesperrt. Tausende Flüchtlinge verbrachten die Nacht zum Mittwoch unter schwierigsten Bedingungen in der Umgebung des Bahnhofs. Sie durften das von der Polizei bewachte Bahnhofsgebäude nicht betreten, obwohl viele von ihnen Fahrkarten Richtung Deutschland hatten.

Trotz des neuen Grenzzauns trafen am Dienstag insgesamt 2.284 neue Flüchtlinge, darunter 353 Kinder, in Ungarn ein, wie die Polizei am Mittwoch mitteilte. Ungarn hat an der Grenze zu Serbien einen vier Meter hohen, 175 Kilometer langen Grenzzaun gebaut mit dem Ziel, die illegale Einwanderung auf dieser Route zu verhindern.

Tausende am Budapester Bahnhof:

Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof

HUNGARY EUROPE MIGRATION REFUGEES
Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof

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Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof

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Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof

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Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof

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Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof

HUNGARY MIGRATION
Erneut Flüchtlingsproteste am Budapester Ostbahnhof

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ÖBB bereiten sich auf weitere Flüchtlingszüge vor

Die Österreichischen Bundesbahnen bereiten sich jedenfalls wieder auf neue Flüchtlingszüge aus Ungarn vor. Es gebe Gespräche mit der Ungarischen und der Deutschen Bahn um "einen geordneten Vorgang" sicherzustellen, sagte ÖBB-Chef Christian Kern am Rande des Forum Alpbach.

Zwischen den Extremen "alles offen" und restriktiv keinen durchzulassen, müsse ein Mittelweg gefunden werden, betonte Kern. Wenn den Flüchtlingen keine Möglichkeit zur Ausreise aus Ungarn ermöglicht werde, dann würden sie sich andere Wege suchen. Täglich verkehren zwölf Züge, sechs davon fahren nach München weiter.

Die Ausreise von Flüchtlingen aus Ungarn per Bahn könnte im "Regelbetrieb" stattfinden, betonte Kern. Der ÖBB-Railjet hat eine Kapazität von rund 400 Personen. Die Kooperation mit dem österreichischen Innenministerium bezeichnete der ÖBB-Chef als "extrem kooperativ". Österreich setzt zunächst keine Sonderzüge für weitere Flüchtlinge aus Ungarn ein. "Wir haben ganz normal unser Zugangebot", sagte Verkehrsminister Alois Stöger am Mittwoch am Rande einer Konferenz in Wien.

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In Deutschland sind am Mittwoch kaum noch Flüchtlinge aus Ungarn und Österreich angekommen. Die Bundespolizei am Münchner Hauptbahnhof sprach von lediglich 50 Flüchtlingen; in Rosenheim waren es am Vormittag 60 bis 70. Man rechne damit, dass es den ganzen Tag über ruhig bleibe, sagte ein Sprecher.

In Italien hingegen verschärft sich die Situation: Die italienische Polizei hat die Grenzkontrollen am Brenner intensiviert. Ähnlich wie zuletzt beim G-7-Gipfel im bayerischen Elmau im Juni wurde die Zahl der Polizisten bei Kontrollen auf internationalen Zügen am Brenner erhöht. Auch in den Bahnhöfen von Bozen, Brixen und am Brenner, sowie am italo-österreichischen Grenzübergang wurden die Kontrollen verschärft, berichtete die Nachrichtenagentur ANSA.

Die zuletzt wegen ihrer geringen Bereitschaft zur Aufnahme von Asylsuchenden in die Kritik geratenen baltischen Republiken Litauen, Lettland und Estland sind offenbar nun doch bereit, eine höheren EU-Flüchtlingsquote zu akzeptieren.

Litauens Außenminister Linas Linkevicius sagte am Mittwoch in einer Rundfunksendung, die Zahl von 325 Flüchtlingen aus Afrika und dem Nahen Osten, sei "nicht irgendeine heilige Zahl, die unveränderlich ist". Linkevicius begründete die Kursänderung damit, dass es für das Land "kontraproduktiv" sei, wenn Litauen in Europa mangelnde Solidarität vorgeworfen werde.

Ähnlich äußerte sich am Mittwoch der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Staatsbürgerschaft und Migration, Ilmars Latkovskis. Es sei angesichts der jüngsten Entwicklung klar geworden, dass es nicht bei der derzeit von Riga eingewilligten Quote von 250 Flüchtlingen in zwei Jahren bleiben könne.

In Lettland und Estland, das derzeit 200 Flüchtlinge aus anderen EU-Ländern aufzunehmen bereit ist, wurden jeweils Arbeitsgruppen der Regierung eingesetzt, die die notwendigen Maßnahmen zur Unterbringung und Integration der Flüchtlinge vorbereiten sollen.

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