Erneut 40 Tote bei Boko-Haram-Überfall
Der Terror der islamistische Gruppierung Boko Haram in Nigeria nimmt kein Ende. Am Mittwoch gab es im Nordosten des Landes erneut einen Überfall, bei dem mindestens 40 Menschen getötet worden sind.
Ein Bewohner des Dorfes Gurmushi im Bundesstaat Borno berichtete, die Angreifer hätten die meisten Häuser in Brand gesteckt. Nur wenige Einwohner seien unverletzt entkommen und über die Grenze in den Tschad geflohen.
Erst am Dienstag waren bei Angriffen der Terrorgruppe auf Polizeistationen und Militärposten im Norden Dutzende Menschen getötet worden. Nach Darstellung der Nigerian Tribune waren Angehörige der Boko Haram auf Lastwagen und Motorrädern in den Ort Buna Yadi im Bundesstaat Yobe eingedrungen.
Boko Haram ist seit 2009 verantwortlich für den Tod Tausender Menschen in Nigeria, dem bevölkerungsreichsten Land Afrikas. Die islamistische Organisation, die auch Kontakte zu nordafrikanischen Al-Kaida-Ablegern haben soll, will im muslimischen Norden einen fundamentalistisch-islamischen Staat errichten.
Vier entführte Schülerinnen frei
Für besonderes Aufsehen sorgte die Terrorgruppe zuletzt mit der Entführung von über 200 Schülerinnen in der Stadt Chibok im Nordosten des Landes Mitte April (Details siehe unten). Wie am Donnerstag bekannt wurde, wurden nun vier der entführten Mädchen freigelassen. Sie wurden offensichtlich wegen Erkrankungen von ihren Entführern nach Hause geschickt. Über das Schicksal der noch festgehaltenen Mädchen wurde nichts bekannt.
Hoffnungsschimmer für die mehr als 200 entführten Schulmädchen und deren Eltern. Laut dem Chef der nigerianischen Luftwaffe, Marschall Alex Badeh, haben die Behörden nun Informationen darüber, wo die islamistische Terror-Truppe "Boko Haram" ihre Geiseln festhält: "Die gute Nachricht für die Mädchen ist, dass wir wissen, wo sie sind." Die schlechte Nachricht: Ein Ende ihres Martyriums ist nicht absehbar. Denn eine Befreiungsaktion ist derzeit nicht geplant. "Wir dürfen die Mädchen nicht töten, indem wir sie nach Hause bringen wollen", so der Offizier.
"Boko Haram" hatte vor rund sieben Wochen an die 300 vorwiegend christliche Schülerinnen im Norden des Landes verschleppt und sich dieser Tat per Video gebrüstet. Man werde sie als Sklaven verkaufen, hieß es. Mehr als 50 Mädchen gelang die Flucht, der Rest befindet sich weiter in den Fängen der Extremisten. Allgemein wird vermutet, dass die jungen Frauen im Sambisa-Wald gefangen gehalten werden. Dort, in der Grenzregion zum Tschad und zu Kamerun, unterhalten die Terroristen einige ihrer Lager.
Die Entführung hatte weltweit Bestürzung ausgelöst. Die Kampagne "Bring back our girls" (Bringt unsere Mädchen zurück), die unter anderem auch von der amerikanischen First Lady, Michelle Obama, mitgetragen wird, wurde ins Leben gerufen. Zudem schickte Washington Experten in die nigerianische Hauptstadt Abuja, um die Regierung und das Militär zu unterstützen – unter anderem mit Drohnen. Großbritannien, Frankreich, China und zuletzt Israel schickten ebenfalls Teams.
Zuvor war massive Kritik an den nigerianischen Behörden laut geworden. Die Eltern der verschleppten Mädchen machten in Demonstrationen ihrem Ärger Luft: Sie kritisierten, dass zu wenig unternommen würde, um ihre Kinder zurückzubringen.
Deal geplatzt
Laut BBC war man jüngst einem Deal mit den Extremisten sehr nahe. Zumindest 50 Schülerinnen hätten im Austausch gegen 100 "Boko Haram"-Häftlinge freikommen sollen. Dies habe ein Unterhändler, der die Mädchen im Versteck gesehen haben soll, paktiert. Im letzten Moment sei die Sache geplatzt. "Wir verhandeln nicht mit Kriminellen", sagte Senatspräsident David Mark, die Nummer drei in Nigerias Staatshierarchie.
Dabei haben die Streitkräfte den wenigen Hundert Terroristen wenig entgegenzusetzen. Unter Diplomaten in Abuja ist es ein offenes Geheimnis, dass die Armee schlecht trainiert, schlecht ausgerüstet, schlecht motiviert und anfällig für Korruption ist. Manche meinen sogar, dass das Militär den Kampf gegen "Boko Haram" überhaupt verlieren könnte.
Die Gruppe, die im vernachlässigten und verarmten Norden Nigerias einen Gottesstaat errichten will, schaltet in der Region nach Belieben. Allein seit der Entführung der Mädchen töteten die Extremisten bei Überfällen auf Kirchen und Dörfer mindestens 470 Zivilisten – ohne dass die Staatsgewalt eingeschritten wäre.
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