Dutzende jugendliche Iraner in der Todeszelle

Staatschef Rohani sammelt derweil Europas Investoren-Gelder ein und trifft den Papst.

Amnesty International klagt das Mullah-Regime an: Im Iran droht laut der Menschenrechtsorganisation Dutzenden Menschen die Hinrichtung, die bei ihrer Verurteilung noch nicht 18 Jahre alt waren. Dazu hat Amnesty einen 110 Seiten umfassenden Bericht mit dem Titel "Aufgewachsen in der Todeszelle" publiziert. Die Organisation selbst will von 49 Betroffenen wissen; wahrscheinlich sei die wahre Zahl aber viel höher: Im Jahr 2014 war in einem UNO-Bericht von gar 160 Jugendlichen in der Todeszelle die Rede. Manche von ihnen warten dort seit zehn Jahren. Hinrichtungen von Jugendlichen sind im Iran immer noch gelebte Praxis. Im vergangenen Jahr allein wurden vier junge Menschen getötet.

Oft sind der Grund Drogendelikte, der Iran dient als Transitland für geschmuggelte Drogen aus dem benachbarten Afghanistan, das mehr als 90 Prozent des weltweit verfügbaren Opiums produziert. Mord, Ehebruch, Vergewaltigung, bewaffneter Überfall, Drogenhandel und Apostasie (Abfall vom Islam) sind laut iranischer Rechtsprechung mit dem Tode zu bestrafen.

Oft plötzliche Aufschübe

Teheran verstoße damit gegen die UNO-Kinderschutzkonvention, die Todesurteile gegen zur Tatzeit Minderjährige verbiete und die das Land schon vor zwei Jahrzehnten unterzeichnet habe, heißt es in dem Bericht. Trotz einer Jugendstrafrechtsreform "liegt der Iran hinter der Welt zurück", beklagte der Amnesty-Vizedirektor für den Mittleren Osten, Said Boumedouha. "Er behält Gesetze bei, die Todesurteile für Mädchen ab neun Jahren und Buben ab 15 Jahren erlauben."

Oft seien die jungen Menschen auf Grundlage teils durch Folter erzwungener Geständnisse verurteilt worden. Mehrfach seien schon Hinrichtungen angesetzt und erst im letzten Moment aufgeschoben worden, was "grausam, unmenschlich und entwürdigend" sei. Durch die Urteile würden den Menschen ihre kostbarsten Jahre geraubt.

Treffen mit dem Pontifex

Dutzende jugendliche Iraner in der Todeszelle
epaselect epa05125624 President of the Islamic Republic of Iran Hassan Rouhani (L) meets Italian Prime Minister Matteo Renzi at Campidoglio Palace in Rome, Italy, 25 January 2016. Rowhani said he was looking to shore up economic ties with European Union countries, as he started a four-day trip to Italy and France that will also include a stop at the Vatican. EPA/GIUSEPPE LAMI
Ungeachtet der Vorwürfe feiert der Gottesstaat derzeit nach dem Atomdeal sein Comeback auf der Weltbühne. Ziel einer großen Europareise von Präsident Hassan Rohani sind milliardenschwere Wirtschaftsverträge; erste Station ist Italien. Der Iran gebe europäischen Investoren Zugang zur ganzen Region, warb Rohani am Montagabend in Rom nach einem Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Laut italienischen Regierungsvertretern wurden am Abend Verträge im Wert von 17 Milliarden Euro unterzeichnet, darunter ein Vertrag mit dem Pipelinehersteller Saipem in Höhe von fünf Milliarden Euro. Auch in Frankreich hofft er auf lukrative Verträge, etwa mit Airbus, Peugeot und Renault.

Zunächst kam Ronahi aber mit Papst Franziskus im Vatikan zusammen. Der schiitische Rechtsgelehrte komme als Geistlicher zum Pontifex, nicht als Politiker, hieß es aus der iranischen Botschaft. Bei der Begegnung standen vor allem die Einigung im 13 Jahre währenden Atomstreit und die Gewalt in Syrien und im Irak im Vordergrund. Ob auch das Thema Hinrichtungen angesprochen wurde, ist nicht überliefert. Eine Demonstration sollte zumindest dafür sorgen, dass dieses Thema nicht in Vergessenheit gerät.

Aus Respekt verhüllten die Behörden in Roms Kapitolinischen Museen mehrere nackte Statuen. Zahlreiche Nachrichtenseiten veröffentlichten am Dienstag im Internet Fotos von schrankähnlichen Konstruktionen, hinter denen die Skulpturen verschwanden.

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