Frankreich gegen EU-Beitrittsverhandlungen mit Westbalkanstaaten

Skeptisch in Bezug auf die Westbalkanstaaten: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
Die Regierung in Paris halte die bisherigen Reformfortschritte in Nordmazedonien und Albanien für unzureichend, sagen Diplomaten.

Frankreich interveniert heftig gegen den geplanten Start der EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien. Die Niederlande schließen sich Paris an, verlautete am Freitag aus EU-Ratskreisen. Zudem wolle Frankreich die Länder nicht einzeln, sondern nur "im Paket" aufnehmen, und fordere neuerdings eine Änderung des Beitrittsprozederes.

Grünes Licht für die beiden Westbalkanstaaten beim EU-Rat kommende Woche erscheint damit weniger wahrscheinlich als EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn dies am Donnerstag der APA gegenüber dargestellt hatte. Es handelt sich dabei bereits um den dritten Anlauf. Eine weitere Verschiebung wäre "fatal für die betroffenen Länder und ein verheerendes Signal an die gesamte Region", lautet seine Einschätzung.

Ein Veto reicht aus

Eigentlich sollte der Start der Beitrittsverhandlungen am kommenden Dienstag bei einem EU-Ministertreffen in Luxemburg beschlossen werden. Der Widerstand eines Landes reicht allerdings aus, um dies zu verhindern.

Die Regierung in Paris halte die bisherigen Reformfortschritte in den beiden Ländern für unzureichend, hieß es am Freitag. Aktuell gehe es dabei vor allem um die Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung in Nordmazedonien. In Albanien, das allgemein als unsicherer Kandidat gilt, werde auch eine Änderung der Wahlgesetzgebung gefordert.

Am Beitrittsprozess wird von Frankreich demnach unter anderem kritisiert, dass er zu technisch sei und bei problematischen Entwicklungen nicht beendet werden könne, nur eingefroren. Es gehe "nur nach vorne, nicht zurück".

Zustimmung zu Verhandlungen auf breiter EU-Ebene

Die Präsidenten der EU-Institutionen haben sich Anfang Oktober gemeinsam für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Skopje und Albanien ausgesprochen. David Sassoli (Parlament), Donald Tusk (Rat), der scheidende EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und die künftige Chefin der EU-Behörde, Ursula von der Leyen, wiesen in einem gemeinsamen, offenen Brief auf die Notwendigkeit dieser "strategischen Entscheidung" hin.

Vor allem für Nordmazedonien wäre eine Verschiebung bitter, weil das rund 2,1 Millionen Einwohner zählende Land für die Perspektive auf Beitrittsverhandlungen jüngst seinen Namen von Mazedonien in Nordmazedonien geändert hatte. Die griechische Regierung hatte dies gefordert, weil auch eine nordgriechische Provinz Mazedonien heißt und Gebietsansprüche befürchtet wurden.

Destabilisierung befürchtet

Von vielen EU-Staaten wird das Veto Frankreichs deswegen mit Unverständnis und Ärger gesehen. "Wer jetzt den Beitrittsprozess blockiert, trägt die Verantwortung für die mögliche Destabilisierung unserer Nachbarschaft", sagte ein Diplomat am Freitag. Eine ganz breite Mehrheit in der EU setze sich für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien ein.

Auch Österreich unterstützt die Aufnahme von den Gesprächen. Die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen leitet laut Hahn einen langen Transformations-Prozess ein, in dessen Zentrum die Rechtsstaatlichkeit und wirtschaftliche Entwicklung stünde. Daher sei die Sorge über "übereilte Beitritte" unbegründet, so der EU-Kommissar.

Letzte Chance für Gespräche ist vermutlich ein für Sonntag geplantes Treffen zwischen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. "Wir setzen darauf, dass Paris seine Haltung noch einmal überdenkt und sich nicht aus innenpolitischen Gründen europapolitisch isoliert", sagte ein Diplomat. Er spielte damit darauf an, dass es den Verdacht gibt, dass Frankreich den Start der Beitrittsverhandlungen vor allem deswegen ablehnt, weil davon die Rechtspopulisten um Marine Le Pen profitieren können.

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