Harte Gesetze für US-Tech-Riesen: Macht die EU einen Rückzieher?

EU Commission fines Apple and Meta for breaking Europe's digital rules
Im Zollstreit mit den USA drängt für Europa die Zeit. Der Digital Markets Act (DMA) birgt für Donald Trump Sprengkraft - und könnte nun entschärft werden.

Um Spannungen mit den USA zu entschärfen, könnte die Europäische Union ihr vor rund eineinhalb Jahren beschlossenes Digitalgesetz abschwächen: Medienberichten zufolge könnten US-Tech-Konzerne künftig mehr Mitspracherecht bei der Anwendung des Digital Markets Act (DMA) erhalten. Der US-Handelsbeauftragte habe vorgeschlagen, die Durchsetzung des DMA gegenüber amerikanischen Digitalunternehmen im Rahmen eines bilateralen Dialogs mit der EU vorübergehend auszusetzen. 

Das zentrale Regelwerk der EU zur Regulierung großer Online-Plattformen – das insbesondere auf US-Konzerne wie Apple oder Meta abzielt – würde damit massiv abgeschwächt. Auch andere EU-Digitalgesetze, etwa der im vergangenen Jahr verabschiedete AI Act zur Regulierung Künstlicher Intelligenz, könnten unter wachsenden US-Druck geraten.

Hintergrund ist offenbar der Versuch von Brüssel, US-Präsident Donald Trump im von ihm angezettelten Zollstreit zu besänftigen. Der Republikaner hatte sich in der Vergangenheit über die gegen die Online-Riesen Apple und Meta verhängten Strafen erbost gezeigt und das Vorgehen als „internationale Erpressung“ bezeichnet. Der Vorsitzende der US-Bundeshandelskommission, Andrew Ferguson, kritisierte jüngst den DMA als eine Form der Besteuerung von US-Unternehmen.

Zuletzt hatte das Wall Street Journal berichtet, die EU und die USA näherten sich bei nicht tarifären Handelsfragen von Regulierungen bis hin zur Behandlung von US-Techkonzernen einer Einigung. Der Entwurf scheine fast final, könne sich aber noch ändern. 

Zeit für Verhandlungen im Zollstreit knapp

Im Zollstreit mit Washington drängt jedenfalls die Zeit. Trump hatte die Einführung hoher Importzölle für europäische Produkte zunächst für 90 Tage ausgesetzt – die Frist endet am 9. Juli. Die deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) zeigte sich zuletzt verhalten optimistisch für ein knappes Rahmenabkommen mit den USA. Kanzler Friedrich Merz drängte auf eine schnelle Entscheidung für vier, fünf große Industrien und nannte dabei die deutschen Schlüsselbranchen Auto- und Maschinenbau, Chemie und Pharma.

Offener Brief

Die europäische Digitalbranche ist über die im Raum stehenden Änderungen alarmiert. Der DMA dürfe nicht zum „geopolitischen Manöver werden“, heißt es in einem offenen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Lassen Sie nicht zu, dass die Durchsetzung des DMA geschwächt oder verzögert wird.“ 

Auch im EU-Parlament regt sich Widerstand. „Wenn Ursula von der Leyen tatsächlich die Wettbewerbsregeln im DMA für amerikanische Tech-Giganten lockert, erklärt sie der europäischen Digitalindustrie den Krieg“, sagt die grüne Europaabgeordnete Alexandra Geese zum Handelsblatt

Die französische Abgeordnete Stéphanie Yon-Courtin (Renew Europe) sprach gegenüber Politico von einer  "inakzeptablen Kapitulation“. Sie sprach von einem "gefährlichen Präzedenzfall", wenn Drittstaaten die EU zur Änderung bereits beschlossener Gesetze drängen könnten.

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