Die ungewisse Zukunft von Spaniens Thronfolgerin Leonor
aus Madrid Stefanie Müller
Eigentlich ist Leonor de Borbón y Ortiz im richtigen Alter, um eine Schule zu besuchen, doch als die 16-Jährige kürzlich im Julio-Verne-Gymnasium in Madrid vorbeischaute, fiel sie doch mehr auf, also ihr lieb war. Auch wenn die Infantin versucht, sich wie ein normaler Teenager zu verhalten, sticht sie doch aus der Menge hervor – mit ihren nicht gefärbten perfekt frisierten blonden langen Haaren und ohne Piercings im Gesicht. Aber der entscheidende Unterschied zum Rest der Schüler ist nicht sichtbar: Leonor hat wenig Erfahrung im Internet. Sie und ihre jüngere Schwester Sofía dürfen aktiv keine sozialen Netzwerke nutzen, während TikTok und Instagram für anderen Schüler einen Großteil ihrer Freizeit ausmacht.
Letizia ist Leonors Coach
Letizia mit ihren Töchtern
Auch wenn Leonor sich nicht ziert, bei diesem Besuch mit Schülern auf Handyfotos zu erscheinen, und alles spontan wirkt, kontrolliert ihre Mutter, die ehemals erfolgreiche Fernsehjournalistin Letizia, ihre Schritte.
Die spanische Autorin und Aktivistin Elisabeth Duval glaubt nicht, dass Leonor nach Abdanken oder Ablebens ihres Vaters tatsächlich Königin sein wird - auch wenn ihr die Thronfolge zusteht. Das läge nicht an ihr, sondern an dem Image der Monarchie. Leonor versuche zwar, wo sie könne, mit Jugendlichen und ihren Belangen zu sympathisieren, aber es seien vor allem diese, die mit dem Königshaus nichts anfangen könnten, wie Umfragen bewiesen.
Spaniens Monarchie benachteiligt Frauen
Spanien ist neben Monaco und Liechtenstein die einzige europäische Monarchie, die Frauen in der Thronfolge weiterhin diskriminiert. Da Königin Letizia mit 49 Jahren aber kaum ein drittes Kind bekommen werde, stünde Leonor nichts im Weg, um Königin von Spanien zu werden, stellt der Jurist Antonio Fernandez fest: „Aber die Modernisierung unserer Verfassung stünde dann unweigerlich zur Diskussion.“
In Katalonien verpönt
Bisher war das Tabu und mit der aktuellen Links-Regierung ist an eine Verfassungsänderung nicht zu denken. Zu viele unter den Ministern und Abgeordneten sympathisieren mit einer Republik. Vor allem in Katalonien ist das Königshaus bei einer Mehrheit der Bürger verpönt.
Leonor ist aber nicht nur die Prinzessin von Asturien, sondern auch von Girona, einer katalanischen Provinz. Ihre Stiftung heißt also entsprechend „Prinzessin von Girona“. Doch im Ort selbst aufzutreten, ist für ein Mitglied des Königshauses inzwischen unmöglich. Die kritische Ansprache von Königs Felipe nach dem illegalen Referendum über die Unabhängigkeit Kataloniens am 1. Oktober 2017 hat den separatistischen Politikern dort nicht gefallen.
Harte Zeiten erwartet
Die noch unschuldig wirkende Leonor muss sich immer öfter mit der kontroversen politischen Realität in ihrem Land auseinandersetzen und dem vereinzelten Unmut in den Medien. Die digitale katalanische Zeitung „El Nacional“ vergleicht die Thronfolgerin mit Ingrid Alexandra von Norwegen und bezeichnet Leonor im Vergleich dazu als „Snob“ mit wenig Vorbildfunktion für die Jugend.
Liebling der Presse
In zwei Jahren wird das junge Mädchen, das heute schon die Boulevardpresse in Spanien wegen einer Beziehung zu einem jungen Brasilianer beherrscht, 18. Noch bestimmen die Eltern ihre offizielle Agenda, aber ab Leonors Volljährigkeit muss diese von der Regierung abgesegnet werden, wie es auch bei König Felipe der Fall ist. Spätestens dann so glaubt Jurist Fernandez wird die Thronfolgerin beweisen müssen, was als mögliches Staatsoberhaupt in ihr stecke und ob die Monarchie in Spanien noch Zukunft habe.
Kommentare