Die Familie Gaddafi

Vor dem Sturz des Regimes im September war die Familie Gaddafi der mächtigste Clan
Libyens. Der exzentrische Patriarch Muammar al-Gaddafi hatte mehrere seiner Kinder in Schlüsselpositionen seines Landes untergebracht. Seine Söhne Saif al-Arab und möglicherweise auch Khamis sollen im libyschen Bürgerkrieg bei NATO-Luftangriffen getötet worden sein. Sein Sohn Motassim Billah wurde offenbar am Donnerstag in Sirte gefasst. Der Verbleib des Ex-Diktators ist dagegen weiter ungewiss.
Gaddafi ist seit 1970 in zweiter Ehe mit der Krankenschwester Safiya Farkash verheiratet. Mit ihr hat er sieben Kinder. Ein weiterer Sohn stammt aus seiner ersten Ehe:
MOHAMMED AL-GADDAFI (geb. 1970): Der Informatiker leitete das staatliche Post- und Fernmeldeunternehmen. Zudem besaß er zwei libysche Mobilfunk-Anbieter. Er ist das einzige Kind von Gaddafi und der vermögenden Offizierstochter und Lehrerin Fatiha. Die Ehe wurde 1969 nach nur einem halben Jahr geschieden. Mohammed Al-Gaddafi führt zudem das Nationale Olympische Komitee. Er soll heute in Algerien im Exil leben.
SAIF AL-ISLAM AL-GADDAFI (geb. 1972): Sein Vorname wird mit "Schwert des Islams" übersetzt. Nach einem Studium der Architektur und Wirtschaftswissenschaften in Tripolis, Wien und London gründete er 1999 die formal unabhängige Gaddafi-Stiftung für Entwicklung. Der umtriebige Saif al-Islam, der in Österreich als enger Freund des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider bekanntwurde, galt als potenzieller Nachfolger seines Vaters. Während des Bürgerkrieges in seinem Land trat er öffentlich mit Durchhalteparolen in Erscheinung. Der Internationale Strafgerichtshof stellte im Juni gegen ihn und seinen Vater Haftbefehle wegen schwerer Kriegsverbrechen aus. Der libysche Übergangsrat vermutet ihn in der Wüstenstadt Bani Walid, eine der letzten Bastionen des Gaddafi-Clans.
AL-SAADI AL-GADDAFI (geb. 1973): Er besuchte die libysche Militärakademie und hatte - wie sein Vater - den Rang eines Obersten. Nachdem er als Kommandant einer Eliteeinheit Islamisten in Libyen bekämpft hatte, ging er 2003 als Fußballprofi nach Italien. Er stand dort bei mehreren Erstligamannschaften unter Vertrag, kam aber kaum zum Einsatz, bevor er sich nach Doping-Vorwürfen verabschieden musste. Zuletzt war Al-Saadi Präsident des libyschen Fußballverbandes. Er soll sich nach dem Sturz des Regimes in den Niger abgesetzt haben.
MOTASSIM BILLAH AL-GADDAFI (geb. 1975): Er absolvierte eine militärische Ausbildung in Libyen und Ägypten. Nach einem Zerwürfnis mit dem Vater floh er vorübergehend nach Ägypten. Später durfte er zurückkehren und befehligte die einflussreiche Präsidentengarde. In den vergangenen Jahren wurde Motassim Billah wiederholt vom Vater mit wichtigen politischen und diplomatischen Aufgaben betraut. Er soll am heutigen Donnerstag in Sirte gefasst worden sein.
AISHA AL-GADDAFI (geb. 1976): Die Juristin ist die einzige lebende Tochter des Herrschers. Sie studierte in Tripolis und Paris. Aisha gehörte zu der Gruppe von Rechtsanwälten, die den gestürzten und später hingerichteten irakischen Diktator Saddam Hussein verteidigte. Sie ist seit 2006 mit einem Cousin ihres Vaters verheiratet und leitete eine libysche Wohltätigkeitsorganisation. Sie floh nach dem Sturz des Regimes gemeinsam mit ihrer Mutter Safiya, ihrem Bruder Hannibal und ihrem Halbbruder Mohammed nach Algerien.
HANNIBAL AL-GADDAFI (geb. 1977): Der Absolvent der Militärakademie in Libyen geriet durch seinen luxuriösen Lebensstil und Gewalttaten in die Schlagzeilen. 2005 soll er eine Freundin in einem Pariser Hotel niedergeschlagen haben. 2008 nahm ihn die Schweizer Justiz gemeinsam mit seiner schwangeren Ehefrau Aline vorübergehend fest, weil er in Genf zwei Hausangestellte misshandelt haben soll. Offenbar aus Rache für die Festnahme ließ Diktator Gaddafi im Juli 2008 zwei Schweizer Geschäftsmänner in Libyen festsetzen und die Erdöllieferungen in die Schweiz zeitweise stoppen. Erst 2010 durften die beiden Schweizer ausreisen. Nach dem Sturz des Regimes soll auch Hannibal nach Algerien geflohen sein.
KHAMIS AL-GADDAFI (geb. 1980): Die Rebellen hatten ihn bereits dreimal für tot erklärt, zuletzt nach einem NATO-Luftschlag Anfang August. Die Führung des Regimes dementierte jedoch diese Angaben. Sein heutiger Verbleib ist unbekannt. Khamis befehligte im Bürgerkrieg eine Eliteeinheit des Regimes, die gegen die Milizen der Aufständischen kämpfte.
SAIF AL-ARAB AL-GADDAFI (geb. ca. 1982): Über diesen Sohn ist wenig bekannt. Er soll in München studiert haben, wo Saif al-Arab mehrfach der Polizei auffiel, unter anderem wegen seines besonders lauten Ferraris und wegen Schlägereien in Nobel-Diskotheken. Nach Angaben eines libyschen Regierungssprechers war er bei seinem Tod bei einem NATO-Bombardement in der Nacht auf den 1. Mai 2011 etwa 29 Jahre alt.
MILAD AUBUSTAIA AL-GADDAFI (Geburtsjahr unklar): Muammars Neffe wurde von dem Herrscher adoptiert. Während eines US-Bombenangriffs auf Tripolis 1986 soll er nach libyscher Legende das Leben des Machthabers gerettet haben. Die 15 Monate alte Adoptivtochter Hana wurde bei dem Bombardement getötet.
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