Die EU-Solidarität droht, Risse zu bekommen
Griechenland Premier Alexis Tsipras sucht demonstrativ die Nähe Moskaus – und stellt die europäische Solidarität damit gleich in mehreren Feldern auf die Probe.
Sollte Griechenland etwa künftig russisches Gas zum Spezialpreis geliefert bekommen – während in Brüssel Pläne gewälzt werden, wie man die Abhängigkeit von Moskau in Energiefragen reduziert und über eine EU-Einkaufsgemeinschaft die Verhandlungsposition stärkt.
Oder falls der Kreml das Importverbot von Lebensmitteln für Athen lockert. Vor allem aber fürchtet man in Brüssel um die Geschlossenheit bei den Sanktionen gegenüber Russland.
Drei Wackelkandidaten
Seit Langem schon versucht Präsident Wladimir Putin, die Runde der EU-28 zu spalten. Neben Griechenland scheinen seine Bemühungen auch in Ungarn und Zypern zu fruchten. Alle drei Staaten haben sich zuletzt negativ gegenüber den EU-Sanktionen geäußert. Tsipras kritisierte sie als "nicht wirksam", der zypriotische Präsident Nicos Anastasiades meinte gar, er gehe davon aus, dass die Maßnahmen im Sommer zur Gänze aufgehoben werden.
Zypern erhielt erst unlängst die Verlängerung für einen Milliarden-Kredit aus Moskau – zu günstigeren Bedingungen. Und auch eine Vereinbarung, die es russischen Kriegsschiffen erlaubt, in Limassol anzudocken, wurde erneuert. Ungarns Regierungschef Viktor Orban vergab zu Beginn der Jahres den Ausbau eines Atomkraftwerks an den russischen Staatsbetrieb Rosatom – und erhielt aus Moskau einen Kredit über zehn Milliarden.
Beide Länder dürfen aktuell – wie Griechenland – darauf hoffen, dass Moskau die Import-Verbote für Lebensmittel bald aufhebt.
Einstimmigkeitsprinzip
Beim Juni-Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs wieder über die Sanktionen beraten. Wie immer ist Einstimmigkeit Voraussetzung. Beim März-Gipfel wurde schon für einen Kompromiss vorgebaut: Die Aufhebung der Sanktionen wird an die Umsetzung des Minsker Friedensabkommens gekoppelt. Weil dieses einen Zeitplan bis Jahresende hat, dürfte sich für die EU-28 auch erst dann die Frage nach Aufhebung oder Verlängerung stellen. Bis dahin müssen also mögliche Abweichler in Budapest, Nikosia und Athen wieder "eingefangen" werden.
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