Deutschland schickt immer mehr Migranten nach Österreich zurück

Für den Grenzübergang Schattendorf zeichnet sich eine Lösung ab (Symbolbild)
Rund 62 Prozent der 3.674 unerlaubt Einreisenden im ersten Quartal nach Österreich zurückgewiesen.

Die deutsche Bundespolizei hat an den Grenzen zu Österreich und der Schweiz seit der zweiten Jahreshälfte 2022 deutlich mehr Migranten zurückgewiesen als zuvor. An der Grenze zu Polen, wo aktuell die meisten unerlaubten Einreisen festgestellt werden, gab es in diesem Zeitraum hingegen kaum Zurückweisungen.

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Dreiviertel in die Schweiz, mehr als die Hälfte nach Österreich

Wie aus einer Antwort der deutschen Bundesregierung auf eine Frage der fluchtpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, Clara Bünger, hervorgeht, wurden im ersten Quartal dieses Jahres an der Grenze zur Schweiz 3.063 unerlaubte Einreisen registriert. In drei von vier Fällen kam es demnach zu Zurückweisungen. Der Antwort zufolge, die der Deutschen Presse Agentur vorliegt, wurden auch mehr als die Hälfte (rund 62 Prozent) der 3.674 Menschen, deren unerlaubte Einreise der Bundespolizei und den grenzpolizeilich beauftragten Behörden an der Grenze zu Österreich auffiel, zurückgewiesen. An der Grenze zu Polen gab es laut Bundesregierung lediglich drei Zurückweisungen.

Sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) als auch die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), in Österreich durch das nationale Asylgesetz umgesetzt, verbieten eine Rückweisung von Geflüchteten an der Grenze ohne eine Einzelfallprüfung - sogenannte "Pushbacks".

Einzige Ausnahme: Wurde die Person bereits in einem anderen EU-Staat registriert, kann sie gemäß Dublin-Verordnung dorthin zurückgeschoben werden. Laut Dublin-Regelung ist jener Staat für die Prüfung des Asylverfahrens zuständig, in dem die Person erstmals europäischen Boden betreten hat. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch (HRW) prangern die Praxis der Pushbacks immer wieder an, besorgniserregend sei dabei die oft damit einhergehende Anwendung von Gewalt.

 

25.538 Menschen zurückgewiesen

Um Menschen an einer unerlaubten Einreise nach Deutschland zu hindern, können Ausländer direkt an der Grenze - an der Landgrenze, der Seegrenze oder an Flughäfen - zurückgewiesen oder als illegal Eingereiste in ein anderes Land zurückgeschoben werden. Im vergangenen Jahr waren 25.538 Menschen an der deutschen Grenze zurückgewiesen worden, deutlich mehr als in den Vorjahren. An der Grenze zu Österreich stiegen die Zahlen bereits im Sommer deutlich an, an der Schweizer Grenze begann diese Entwicklung im Oktober. Im ersten Quartal dieses Jahres gab es insgesamt 4.681 Zurückweisungen.

Zahl sank

Die Zahl der festgestellten unerlaubten Einreisen war im ersten Quartal dieses Jahres mit rund 16.000 deutlich niedriger als im letzten Quartal des Jahres 2022 (rund 30.000 unerlaubte Einreisen). Das könnte nach Ansicht von Beobachtern unter anderem mit noch strengeren Kontrollen Polens an der Grenze zu Belarus zusammenhängen, sowie mit der von der deutschen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) mit der Schweiz vereinbarten verbesserten grenzpolizeilichen Zusammenarbeit, insbesondere durch Kontrollen in Zügen auf Schweizer Hoheitsgebiet. Stationäre Kontrollen gibt es aktuell lediglich an der Landgrenze zu Österreich.

Laut einer Antwort der Regierung auf eine frühere Anfrage der Linksfraktion zählen etwa die versuchte Einreise ohne gültiges Reisedokument oder eine Einreisesperre zu den Gründen, die am häufigsten zu einer Zurückweisung führen. "Es gibt klare Indizien dafür, dass die deutsche Bundespolizei Schutzsuchende insbesondere an der Grenze zu Österreich rechtswidrig zurückweist", sagte Bünger. Das deutsche Innenministerium müsse dem nachgehen, forderte sie.

Im Innenministerium hieß es auf KURIER-Anfrage: Zu Fragen über Amtshandlungen, die ausschließlich in die Souveränität deutscher Vollzugsbehörden fallen, könne aus österreichischer Sicht nicht kommuniziert werden. "Wir halten fest, dass die österr. Fremdenpolizei nach den geltenden rechtl. Bestimmungen vollzogen wird." Darüber hinaus sei festzuhalten, dass es seit vielen Jahren eine sehr gute Zusammenarbeit mit deutschen Polizeibehörden gebe.

Wie wird mit den Zurückgeschickten Personen umgegangen? "Das kommt drauf an - wenn sie einen Asylantrag stellen wird ein Asyl verfahren geführt - wenn nicht, werden sie zum verlassen des Bundesgebietes aufgefordert - bzw. die Ausreise gesichert."

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