"Sie machen Ärger, sie prügeln"

Merkel, de Maiziere
Innenminister de Maiziere bemäkelt das Verhalten der Migranten. Kippt die Stimmung in Deutschland?

Es ist noch nicht lange her, da wurde Deutschland international als Vorbild für Menschlichkeit gelobt. Kanzlerin Merkel hatte die Grenze für die zahllosen Flüchtlinge geöffnet, die mit der beispiellosen Migrationswelle nach Europa kamen. Eine Zeit lang profitierte Merkel von ihrer Politik der offenen Arme. Nun könnte sie den Preis dafür zahlen.

Nicht nur ihr parteiinterner Rückhalt bröckelt, auch die Bevölkerung wird zunehmend unzufriedener. 54 Prozent sind es nur mehr, die mit ihrer Arbeit laut dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend zufrieden sind – das sind um neun Prozentpunkte weniger als noch im September. Und es ist der niedrigste Wert seit dem Jahr 2011. Die Angst vor dem nicht versiegenden Flüchtlingsstrom nimmt stark zu. 51 Prozent haben Angst vor der Vielzahl an Zuwanderern; das sind 13 Prozent mehr als noch vor einem Monat. Besonders besorgt ist man im Osten – in den Regionen, in denen tendenziell am wenigsten Flüchtlinge untergebracht sind. Merkels sinkende Beliebtheit ist aber auch Produkt des Streits mit CSU-Chef Horst Seehofer. Der bayerische Landeschef prangert ja seit Wochen die verfehlte Flüchtlingspolitik der Kanzlerin an, wirft ihr Gefühlsduselei und eine weltfremde Sicht vor; zuletzt soll er gar damit gedroht haben, Flüchtlinge vor dem Reichstag abzusetzen. Von solcher Polterei profitiert der streitbare Bayer nun: Er kommt auf 39 Prozent Zustimmung – ein Anstieg um elf Prozent.

De Maiziere kritisiert Verhalten

Auch Innenminister Thomas de Maizière verleiht dem wachsenden Unmut Stimme und verschärft die Tonlage gegenüber Flüchtlingen. Es gebe Asylbewerber, die sich prügelten, über ihre Unterkünfte und das Essen beklagten oder meinten, sie könnten sich selbst aussuchen, wo sie in Deutschland unterkämen, sagte de Maizière am Donnerstagabend im ZDF-„heute journal“. Wer in die Bundesrepublik komme, müsse sich an Regeln halten.

Laut Innenressort entziehen sich Flüchtlinge zunehmend der Registrierung oder verlassen Erstaufnahmestellen eigenmächtig. In Baden-Württemberg etwa kamen nach Behördenangaben im September fast 28 700 Flüchtlinge an, nur knapp 16 400 blieben zur Registrierung und für einen Asylantrag in den Erstaufnahmen.

De Maizière sagte dazu, viele Flüchtlinge meinten, sie könnten sich selbst irgendwohin zuweisen. „Sie gehen aus Einrichtungen raus, sie bestellen sich ein Taxi, haben erstaunlicherweise das Geld, um Hunderte von Kilometern durch Deutschland zu fahren. Sie streiken, weil ihnen die Unterkunft nicht gefällt, sie machen Ärger, weil ihnen das Essen nicht gefällt, sie prügeln in Asylbewerbereinrichtungen.“ Dies sei zwar noch eine Minderheit. Aber wer nach Deutschland komme, müsse sich hier an die Regeln und die Rechtsordnung halten. Auf die Frage, ob Deutschland an der Grenze des Machbaren angelangt sei, antwortete er: „Wir schaffen das nicht ohne weiteres - das ist schon eine große Anstrengung.“

Auch in der SPD mehren sich Stimmen, wonach dem Land eine Überlastung droht. Die Linke warnte vor Stimmungsmache.

Transitzonen

Die Regierung versucht unter anderem, mit rechtlichen Änderungen die Flüchtlingszahlen einzudämmen. Nachdem der Bundestag am Donnerstag über ein großes Gesetzespaket beraten hatte, war am Abend bereits das nächste Vorhaben von de Maizière bekanntgeworden. Er will die Möglichkeit schaffen, Flüchtlinge künftig vor der Entscheidung über die Einreise nach Deutschland bis zu einer Woche in Transitzonen an der Landgrenze festzuhalten. In dieser Zeit soll geprüft werden, ob Betroffene Anspruch auf Asyl haben. Falls nicht, wird die Einreise verweigert. Aus der CSU kam bereits der nächste Vorschlag für eine Asylverschärfung. Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer ( CSU) plädierte in der „Süddeutschen Zeitung“ dafür, den Anspruch von Flüchtlingen auf Familiennachzug zu begrenzen.

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